: Picasso & Co. als Werbeträger
■ Studie über Kunstsponsoring: gewöhnungsbedürftiger Segen
„Tue Gutes und sprich darüber“, nach dieser Maxime ist in Zeiten dahinschmelzender Kulturetats der öffentlichen Hand in den vergangenen Jahren die Rolle von Unternehmen, die Kunst und Kultur finanziell oder mit Sachmitteln unterstützen, immer wichtiger geworden. Anläßlich seines 15jährigen Bestehens hat das in Hamburg erscheinende Kunstmagazin Art nun eine Studie veröffentlicht, die die Situation und die Perspektiven von Kunstförderung beleuchten will.
Dazu wurden 150 Abonnenten der Hochglanz-Zeitschrift befragt: Unter den überwiegend akademisch Gebildeten (59 Prozent mit Hochschulabschluß), gut Verdienenden (58 Prozent mit einem monatlichen Nettoeinkommen über 5.000 Mark) und beruflich Selbständigen, in leitender Position oder verbeamtet Schaffenden findet sich kein einziger Arbeiter. Von den Befragten befinden es 91 Prozent für „gut, wenn sich eine Firma, die es sich leisten kann, für Kunst engagiert“. In einer repräsentativen Befragung unter der Gesamtbevölkerung antworteten auf dieselbe Frage 72 Prozent mit ja. Gleichzeitig aber halten 80 Prozent der befragten Art-Abonnenten die Bedeutung öffentlicher Mittel für das Kulturleben für „sehr wichtig“. Aus der Verantwortung will man die Kulturpolitiker nicht entlassen.
Liest man dann allerdings die parallel zur Studie geführten Interviews mit Experten, die in großen Unternehmen für Kunstsponsoring verantwortlich sind, stellt sich heraus, daß es weniger um Kunst denn um Kunstvermittlung geht, genauer gesagt darum, sich mit etablierter Kunst mittels des „unschätzbaren, wenngleich nicht meßbaren Imagegewinns, der durch klassische Werbung ganz gewiß nur durch den Einsatz sehr kostspieliger Aufwendungen zu erreichen wäre“ ins rechte Licht zu rücken. Na, da haben so arme Unternehmen wie „American Express“, Bayrische Hypobank oder der Elektronikkonzern Philips gleich noch ein bißchen an der Werbung gespart. Zugleich sind jedoch die Versicherungsprämien für Kunstausstellungen derart in die Höhe geschnellt, daß es staatlichen Museen kaum mehr möglich ist, große Schauen zu finanzieren. Der Kreis schließt sich: Weil Versicherungen an der Präsentation teurer Werke inzwischen hübsch verdienen, können sie schon ein paar Mark springen lassen, um so eine Schau überhaupt finanzierbar zu machen. Das bringt sie dann als – beinahe – selbstlose Sponsoren ins Gespräch.
Um die Förderung der Kunstproduktion geht es denn auch seltener, es sei denn, sie paßt in die beworbene Produktpalette wie zum Beispiel Videogeräte in künstlerische Installationen. Ansonsten werden gerne Kataloge mitfinanziert, in denen man die Unternehmenswerbung getrost schwarz auf weiß mit nach Hause nehmen kann. Daß es beim letztjährigen Medienfestival, der Hamburger Mediale, Ärger mit einer Künstlerin gab, die ihre Werke verfremdet reproduziert im Katalog wiederfand, setzt bestenfalls einen Denkprozeß bei Sponsoren in Gang, daß die „Kunst nach dem Brot gehen“ kann. jkn
Zu beziehen ist die Studie (Schutzgebühr 40 Mark) über Art, Am Baumwall 11, 20444 Hamburg
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