Echt: Holsten knallt am dollsten

■ Die Brauerei will für ihre Betriebserweiterung Wohnraum vernichten / BezirkspolitikerInnen gaben grünes Licht Von Marco Carini

Trotz Wohnungsnot: Um ihr Altonaer Betriebsgelände zu erweitern, plant die Holsten-Brauerei den Abriß von mindestens 19 Altbauwohnungen, die ihren Plänen im Weg stehen. „In einem Jahr wollen wir die Wohnungen abreißen“, verkündet Reiner Runkel, Geschäftsführer der von Holsten eingesetzten Verwaltungsfirma GVG.

Besonders fein: Neben CDU und FDP gaben auch die Altonaer Sozialdemokraten bereits 1991 grünes Licht für die geplante Wohnraumvernichtung. Die drei Parteien verabschiedeten einen auf die Bedürfnisse der Brauerei maßgeschneiderten Bebauungsplan, in dem das ehemalige Wohngebiet zwischen Holstenstraße 218 und Haubachstraße 91 zum Industriegebiet „umgewidmet“ wurde.

Vor wenigen Tagen erhielten nun die 19 Mietparteien der betroffenen Altbauten einen blauen Brief von der auf dem Brauerei-Gelände ansässigen Holsten-Tochter „GVG-Vermögensverwaltungsgesellschaft-GmbH“. „Auf dem hiesigen Betriebsgrundstück der Holsten-Brauerei ist die Erweiterung des Gär- und Lagerkellers unumgänglich“, teilte GVG-Geschäftsführer Reiner Runkel darin den überraschten HausbewohnerInnen mit.

In dem Schreiben heißt es weiter: „Diese Maßnahme ist kurzfristig geplant, und zwar unter Einbeziehung des Grundstücks 216/218. Wir bitten Sie daher um Ihr Einverständnis, das mit Ihnen bestehende Mietverhältnis im beiderseitigen Einvernehmen zu beenden.“

Auf dieses Einverständnis aber hoffen die Bier-Brauer – bislang – vergebens. Auf einer MieterInnen-Versammlung beschlossen die betroffenen BewohnerInnen am Donnerstagabend einstimmig, „das Angebot abzulehnen“. Schriftlich forderten sie die GVG auf, in dieser Angelegenheit „in Zukunft nicht telefonisch mit den Mietern in Kontakt zu treten“. Einhelliger Tenor der Holstenstraßen-BewohnerInnen: „Wir lassen uns nicht aus unseren Wohnungen vertreiben“.

GVG-Chef Runkel hingegen geht noch immer davon aus, „daß wir in jedem Einzelfall zu einer einvernehmlichen Lösung“ kommen. Den Holstenstraßen-BewohnerInnen will die Brauerei Ersatzwohnungen aus ihrem eigenen, rund um das Altonaer Firmengelände gelegenen Wohnungsbestand anbieten, oder „mit Hilfe befreundeter Makler“ (Runkel) bei der Suche nach einer neuen Bleibe behilflich sein.

Denn nicht auszugswillige MieterInnen könnten die Expansionspläne der Brauerei langfristig blockieren. Mieteranwalt Udo Smetan: „Es ist mehr als fraglich, ob es Holsten je gelingt, die Bewohner rauszuklagen. Ein jahrelanger Rechtsstreit aber wäre der Brauerei auf alle Fälle gewiß“.

Von den bezirklichen Entscheidungs-Gremien hingegen haben die Hopfen- und Malzverwerter keinen Widerstand zu befürchten. „Wenn die Holsten Brauerei einen Abrißantrag stellt, müßten wir diesen genehmigen“, stellt der Leiter der Altonaer Bauprüfabteilung, Gerhard Salow, die rechtlichen Folgen des neuen Bebauungsplans unmißverständlich klar.

Nach einer „Voranfrage“ der Holsten-Brauerei prüft das Alto-naer Einwohneramt zudem zur Zeit, ob der Konzern im Falle eines Abrisses an anderer Stelle gleichwertige Wohnungen neu bauen müßte. Die Brauerei aber will den Wohnraum ersatzlos von der Landkarte tilgen. GVG-Chef Runkel: „Die Holsten-Rechtsabteilung ist zu dem Ergebnis gekommen, daß wir im Abrißfall keine neuen Wohnungen erstellen müssen“.

Schon einmal, Mitte der 80er Jahre, vernichtete Holsten wertvollen Wohnraum, um die eigenen Expansionsgelüste zu stillen. „In einer Nacht- und Nebelaktion“, so der Altonaer GAL-Abgeordnete Olaf Wuttke, wurde der Altbau Holstenstraße 220 dem Erdboden gleich gemacht. Die damalige Begründung für den Wohnraumkahlschlag: Eine unumgängliche Betriebserweiterung. In der Tat wird das ehemalige Wohnareal heute von der Brauerei intensivst genutzt: Als Parkplatz für die Firmendirektion.