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Iraner vor der Abschiebung

■ Letzte Hoffnung: Duldung, weil Iran zurückgekehrte Flüchtlinge verfolgt

Behnam Reihanipour ist verzweifelt. Seit dem Mai vergangenen Jahres ist der junge Iraner in Deutschland, sein Antrag auf Asyl ist abgelehnt, die Behörden glauben ihm einfach nicht. Und nun droht Reihanipour ein Schicksal, das bislang nur ganz wenigen iranischen Flüchtlingen in der Bundesrepublik widerfahren ist – die Abschiebung in den Iran trotz der verheerenden Menschenrechtssituation in seiner Heimat. Die Bremer Ausländerbehörde hat ihm mitgeteilt, er solle sich bis Mitte des Monats einen iranischen Reisepaß besorgen und das Land verlassen. Andernfalls werde er von den deutschen Behörden abgeschoben.

Im Iran hat Behnam Reihanipour in einer Zigarettenfabrik gearbeitet. Dort habe ihm ein Kollege die „Satanischen Verse“ von Salman Rushdie mitgebracht. Das Buch habe ihn interessiert, sagt Reihanipour, schließlich sei viel darüber geredet worden. Pech nur für ihn, daß gerade dieser Tag in die Feierlichkeiten zur islamischen Revolution fiel und die Kontrollen an den Fabrikpforten verstärkt worden waren. Sonst sei nur kontrolliert worden, ob Zigaretten aus dem Werk geschmuggelt werden. Nun aber seien die Kontrollen viel schärfer gewesen – und prompt sei der Kollege mit dem Buch erwischt worden. Da habe er ziemlich Angst bekommen, daß der Kollege aussagen könnte, wem er denn das Buch gezeigt habe. Da sei er geflüchtet. Aus gutem Grund, wie er ein paar Monate später von seiner Tante erfahren haben will: Sein Kollege sei umgebracht worden. Und nach ihm habe man auch gefahndet. Da allerdings sei er schon in Deutschland gewesen. Zuerst habe er sich bei Freunden versteckt, dann sei er durch Vermittlung einer Fluchthilfeorganisation über Istanbul nach Deutschland gekommen. In Brelandete er, weil hier ein Cousin von ihm wohnt.

Die Geschichte hat ihm in Deutschland niemand geglaubt – zumindest niemand, der es hätte glauben sollen. Das Asylverfahren ist abgeschlossen, juristisch ist nichts mehr zu machen. Das sieht auch der Anwalt Karim Popal so, den sich Reihanipour mittlerweile genommen hat. „Die einzige Möglichkeit, die jetzt noch bleibt, ist die Duldung.“ Die muß vom Ausländeramt ausgesprochen werden, und das wiederum untersteht dem Innensenator.

Reihanipour ist einer der ersten iranischen Flüchtlinge, denen die Abschiebung blüht. In diesen Wochen enden die ersten Verfahren von IranerInnen, die Asyl beantragt haben, denen es aber nicht genehmigt wurde. Und damit stehen die Behörden zum ersten Mal vor Abschiebefällen, denn alle IranerInnen, die bis zum Stichtag 31.12.1990 in die Bundesrepublik eingereist sind, haben automatisch eine Duldung erhalten.

Auf den Innensenator hofft nun nicht Reihanipour alleine, sondern mit ihm Mathias Güldner vom grünen Ausländer-Integrationsressort. Er hat sich um den Fall gekümmert, und er befürchtet nun eine Abschiebewelle in den Iran. „Und dahin darf man doch um Himmelswillen niemanden schicken. Die Lage der Menschenrechte dort ist katastrophal. Darin sind sich alle Beobachter einig.“ Bremen könne die Abschiebung von IranerInnen zwar um ein halbes Jahr hinauszögern, alles darüber hinaus müsse aber mit den InnenministerInnen der Länder und des Bundes abgestimmt werden. „Das ist mit Kanther kaum zu machen“, sagt Mathias Güldner. Dabei reiche mit großer Wahrscheinlichkeit für die iranischen Behörden schon allein die Tatsache aus, daß jemand aus dem Land geflohen sei und Asyl beantragt habe, um ihn hinterher zu verfolgen.

Das genau ist aber die Frage, die nun geklärt werden muß. Gibt es nämlich Beweise, daß im Iran tatsächlich nur wegen des beantragten Asyls in einem anderen Land Verfolgung stattfindet, dann wäre das ein Duldungsgrund. Diese Frage will der Innensenator vom Auswärtigen Amt beantwortet haben, erklärt Marita Wessel-Niepel vom Innenressort. In der vergangenen Woche hat sie zwar einen Lagebericht des Auswätigen Amtes zur Menschenrechtssituation im Iran erhalten, doch in dem blieb diese entscheidende Frage ungeklärt. Frühestens im Laufe dieser Woche soll es darüber Klarheit geben. Das wäre dann der letzte Faden, an dem Reihanipours Aufenthalt hängt. J.G.

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