Die Hamburger Stahlwerke tragen Schwarz

■ Betriebsrat und Vorstand geben sich optimistisch / „Nie Subventionen gekriegt“

Das Eigenkapital von 20 Mio Mark ist aufgezehrt, im ersten Halbjahr 1994 gab es 16 Mio DM Verlust, die Verbindlichkeiten belaufen sich auf fast 200 Mio DM, und erforderlich wäre eigentlich eine Eigenkapitalspritze von 100 Mio Mark. Um die Hamburger Stahlwerke (HSW) steht es, analysiert man nüchtern die Geschäftszahlen, dramatisch schlecht.

HSW-Geschäftsführer Wolf-Dietrich Grosse und HSW-Betriebsratschef Heinrich Schwantes wollten bei ihrem gestrigen kollektiven Outing allerdings eine ganz andere Botschaft vermitteln: Die Lage, so resümierte Grosse, sei ernst, aber hoffnungsvoll. Im zweiten Halbjahr 1994 rechneten die HSW mit „schwarzen Zahlen“. Dies sei der angesprungenen Stahlkonjunktur und der Tatsache zu verdanken, daß die HSW heuer zu 65 Prozent Qualitätsstahl produzierten. Im letzten Jahr dominierte der billige Baustahl noch mit 65%. Der positive Trend erlaube es, die aktuellen Verkaufsverhandlungen mit ingesamt 17 Interessenten „ohne Eile“ zu führen.

Grosse und Schwantes sehen die HSW und ihren braven Ex-Miteigentümer Gerd Gustav Weiland als „Opfer einer firmenschädigenden PR-Kampagne“, einer „politischen Schlammschlacht“, die zwar Weiland ins Visier nehme, in Wahrheit „aber wohl Bürgermeister Henning Voscherau treffen soll“. Grosse räumte allerdings ein, daß der 1993 als Geschäftsführer ausgeschiedene Weiland für 1994 als „Abfindung“ noch ein volles Jahresgehalt beziehe, um so seine Pensionsansprüche zu sichern.

In die Schar der vielen bösen Feinde der wackeren Stahlwerke reihten Schwantes und Grosse gestern auch den Kaufinteressenten Badische Stahlwerke (BSW) ein. Die BSW wollten die Qualitätsstahlproduktion aufgeben, die HSW nur ausschlachten. Ein Verkauf, so betonte Grosse aber, sei dennoch erforderlich: „Die HSW brauchen einen zahlungskräftigen Partner.“

Daß dieser Partner, im Gegensatz zu den EU-Richtlinien, seit Jahren Hamburger Senat heißt, mochte Grosse verständlicherweise nicht nachvollziehen. Billige Strompreise, niedrige Pachten und die Stadtbürgschaften von 184 Mio DM können Grosse, anders als den obersten EU-Subventionswächter van Miert, nicht erschüttern. Sein trockenes Fazit: „Die HSW wurden niemals subventioniert.“

Florian Marten