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Schlecker lutscht aus

■ Mobbing bei der Drogerie-Kette

Berlin (taz) – Anton Schlecker brauchte endlich mal eine gute PR- Abteilung: Erst ging der milliardenschwere Unternehmer mit seinem kontaminierten Billig-Babybrei und mangelnden Sicherheitsvorkehrungen für die Kassiererinnen durch die Presse. Gestern nun berichteten Beschäftigte der Drogeriekette im Bereich Mannheim/ Heidelberg erneut über Mobbing und Niedriggehälter. Und immer noch wird der Presse vom Unternehmen am Telefon jedwede Auskunft verweigert.

Von den rund 300 Angestellten in den 72 Filialen im Rhein-Neckar-Raum werden schätzungsweise 90 Prozent untertariflich bezahlt, berichtete der HBV-Geschäftsführer im Bezirk, Anton Kobel. Bei 45 Frauen habe man insgesamt etwa 180.000 Mark Unterbezahlung festgestellt – und das, obwohl die Tarifverträge im Einzelhandel in Baden-Württemberg allgemeinverbindlich sind. Im Durchschnitt bekämen die Angestellten monatlich 335 Mark weniger Gehalt als ihre tariflich bezahlten Kolleginnen. Die HBV forderte die tariflichen Gehälter ein. „Dann zahlte Schlecker auch“, so Kobel. Jetzt aber sei in der Drogeriekette Mobbing angesagt. Führungskräfte von Schlecker gingen in die Filialen und forderten Beschäftigte auf, aus der Gewerkschaft auszutreten, so Kobel. Betriebsratswahlen für den Rhein- Neckar-Bereich konnten noch nicht durchgeführt werden. Der HBV liegt der Arbeitsvertrag einer schwerbehinderten Beschäftigten vor, in dem ihr bei einer Krankmeldung die automatische Kündigung angedroht wird.

Von der HBV vorgelegte interne Papiere belegen einen rüden Umgangsstil. „Vor jeder Einstellung ist es unerläßlich, vom vorherigen Arbeitgeber eine telefonische oder schriftliche Personalauskunft einzuholen“, rät Schlecker seinen Führungskräften. Zur „Einflußnahme auf die Krankenquote“ seien die Chefs angehalten, „Krankentelefonate“ mit den Beschäftigten zu Hause durchzuführen oder gar „Krankenbesuche“ abzustatten. Befristet eingestellten Beschäftigten soll im Fall von Krankheit vorzeitig gekündigt werden.

Das Negativ-Image scheint weder den Konzernherrn noch seine KundInnen zu stören. Der Umsatz in den 4.500 Filialen mit rund 22.500 Beschäftigten konnte nach HBV-Angaben von 5,2 Milliarden Mark 1993 auf 6 Milliarden in diesem Jahr gesteigert werden. Barbara Dribbusch

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