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Alle Nachrüstversuche an Ignalina vergebens

■ Die beiden Reaktoren sind auch nach Westhilfe brandgefährlich

Stockholm (taz) – „Ein Feuer würde katastrophale Folgen haben: Nach fünfzehn Minuten würde das Dach der Turbinenhalle zusammenbrechen, in dem sich alle Hauptzirkulationspumpen befinden. Dann sind es noch fünf Minuten bis Tschernobyl.“

Die Alpträume von Wassilij Fedorenko, Brandchef von Ignalina, sind auch nach achtzehn Monaten so brisant wie damals. Die mangelnde Brandsicherheit der AKW vom Tschernobyl-Typ – graphitmoderierte Siedewasserdruckreaktoren – ist unter ExpertInnen keine Frage. Am konstruktiven Grundproblem konnten und können alle millionenschweren Nachbesserungsversuche, die in den letzten Jahren mit Geldern aus der EU und Schweden in Ignalina nichts ändern. Ignalina besitzt mit zwei 1.500-Megawatt-Reaktoren die weltweit leistungsstärksten Einzelreaktoren. Gebaut 1983 und 1987, ist vor allem der erste Reaktor in den letzten Jahren immer störanfälliger geworden. Direkt auf dem Gelände des Atomkraftwerkes liegt der gesamte seit Betriebsbeginn angefallene Atommüll. Die Lagerkapazitäten sind vollständig erschöpft, und derzeit arbeiten US-Firmen an Plänen einer Erweiterung der provisorischen Lager.

Neben dem Brandproblem machen vor allem umfangreiche Rißbildungen in den Brennelementekanälen des Reaktorkerns den Sicherheitsexperten Kopfschmerzen. Die dadurch zutage getretenen Materialfehler und Hinweise auf offenbar mangelhafte Baukontrolle bestärken buchstäblich das Bild der „Schrottreaktoren“, als die das AKW Ignalina allgemein gilt. Auch wenn mittlerweile im großen Umfang verschlissene Kabel ausgewechselt wurden, ein neues Brandsicherungssystem eingebaut wurde und das AKW regelmäßig von westlichen Expertenkommissionen besichtigt wird, gilt es bei der internationalen Atombehörde IAEA als eines der weltweit gefährlichsten. Nach wie vor fehlt ein automatisches Schnellabschaltsystem für den Katastrophenfall oder einen möglichen Terroranschlag.

Vierzig bis fünfzig Millionen Dollar müßten nach Ansicht des schwedischen Kernkraftwerksinspekteurs und Ignalina-Experten, Jan H. Nistad, pro Reaktor noch investiert werden, um einen „erträglichen Sicherheitsstandard“ zu schaffen: „Westlicher Standard ist wegen der Konstruktion unmöglich.“ Reinhard Wolff

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