: Fällt Diepgen der Himmel auf den Kopf?
■ Bonner Geiz beim Großflughafen: Regierender Bürgermeister nimmt vom Eröffnungsjahr 2004 Abstand
Das erste wichtige Etappenziel sei erreicht, kommentierte gestern Eberhard Diepgen (CDU) die ökologische Auswertung der drei diskutierten Standorte für einen neuen Großflughafen. Doch der Regierende Bürgermeister schien alles andere als erleichtert zu sein. Kurz nachdem Brandenburgs Umweltminister die Ergebnisse zu Schönefeld-Süd, Jüterbog-Ost und Sperenberg bekanntgab, räumte Diepgen gleich mehrere Probleme bei der Flughafenplanung ein.
Und für Sorgen hat Diepgen auch allen Grund. Der Stadtchef deutete Schwierigkeiten mit der Bundesregierung an und appellierte gleich mehrmals in Richtung Bonn, bei der Flughafenplanung seiner „Verantwortung gerecht zu werden“. Offenbar will der Bund den Bau neuer Bundesstraßen, Autobahnen und Eisenbahnanschlüsse nicht in jedem Fall zahlen. Eine Verkehrsanbindung von Jüterbog-Ost und Sperenberg würde jeweils rund zwei Milliarden Mark verschlingen. Das stadtnahe Schönefeld-Süd käme wesentlich billiger, aber entspricht als einziger Standort nicht den Erfordernissen der Raumordnung. Zu viele Menschen müßten umgesiedelt werden und wären durch den Luftverkehr gefährdet. Ohne Geld aus Bonn, so Diepgen, wird es keinen neuen Airport geben.
Das schlechte Abschneiden von Schönefeld-Süd muß als weiterer Grund für Diepgens Bauchschmerzen gewertet werden. Der Regierungschef soll sich in der Vergangenheit für Schönefeld stark gemacht haben. Er wurde gestern denn auch nicht müde, zu betonen, daß durch die Ergebnisse des Raumordnungsverfahrens „kein Standort ausgeschlossen“ sei. Dennoch sind Diepgens Argumente schlechter geworden. Da wird ihm kaum helfen, daß er Aussagen des Verfahrens nachprüfen lassen will.
Der Berlin Brandenburg Flughafen Holding (BBF) bleiben ohnehin nur wenige Monate bis zu einer endgültigen Standortentscheidung. Andernfalls kann sie nicht wie beabsichtigt das Verkehrswege- Beschleunigungsgesetz in Anspruch nehmen. Dann droht der Holding eine ähnlich lange Realisierungszeit wie für München II. Planungsfehler und Gerichtsprozesse verursachten eine Verzögerung um zwei Jahrzehnte. Ob aber die Holding in diesen wenigen Monaten die Privatwirtschaft für eine Finanzierung des 10-Milliarden-Mark-Projekts gewinnen kann, wollte Diepgen nicht garantieren. Nach der Bonner Hürde muß also auch noch diese Hürde übersprungen werden, denn auch ohne Privatkapital wird es keinen Mega-Airport geben. „Ich wüßte nicht, wie wir das bezahlen sollten“, sagte Diepgen.
Zu den gesamten Problemen kommt noch hinzu, daß die Gesellschafter verschiedene Interessen verfolgen. Brandenburg will möglichst stark von den Investitionen profitieren und forciert deshalb einen Berlin- fernen Standort. Bonn soll wiederum die vorhandenen Flughäfen Frankfurt am Main und München II – angesichts der dramatischen Finanzlage in den öffentlichen Kassen – für ausreichend halten, und der Berliner Senat ist sich nicht einmal untereinander einig, auch wenn Diepgen es gestern mit den Worten beschrieb, die Große Koalition habe eine „festgefügte Position“. Da kann nicht verwundern, daß sich der Regierende Bürgermeister vom bislang offiziellen Eröffnungstermin im Jahr 2004 verabschiedete und von 2004 plus X sprach. Dirk Wildt
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