: Immer mehr Frauen sind HIV-positiv
■ „Schnelle Ausbreitung bei Heterosexuellen“
HannoverDer Anteil heterosexueller Frauen an der Gesamtzahl der mit dem Aids-Virus infizierten Patienten in Deutschland wächst. Nach Untersuchungen der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) liegt der Anteil von Frauen, die sexuell nur mit Männern verkehren und keiner sogenannten Risikogruppe wie Drogenabhängigen zuzuordnen sind, bei 48 Prozent der HIV-Positiven.
Angesichts des 33prozentigen Anteils dieser Gruppe an den MHH-Patienten 1993 sprach Professor Ingolf Schedel, Aids-Experte der MHH-Immunologie, am Dienstag – zwei Tage vor Beginn des 5. Deutschen Aids-Kongesses in Hannover – von einer „besonders schnellen“ Ausbreitung des Virus bei heterosexuellen Frauen. „Hier gibt es die größten Zuwachsraten.“
Die Ursachen für diesen seit vielen Jahren zu beobachtenden Trend seien nicht leicht zu erklären. Als ein Grund sei Bisexualität bei Männern zu nennen. Prostitution spiele bei diesen MHH-Fällen praktisch keine Rolle. Bundesweit haben sich laut Schedel von 1982 bis heute rund 72 000 Menschen mit dem Virus infiziert. Im selben Zeitraum erkrankten 11 854 davon an der Immunschwächekrankheit. 7 032 Menschen seien inzwischen in Folge von Aids gestorben. Weltweit sind nach Angaben des Immunologen nach unterschiedlichen Statistiken zwischen 17 und 22 Millionen Menschen HIV-positiv. Zwischen vier und sieben Millionen Menschen sind danach an Aids erkrankt oder bereits gestorben.
Verhalten positiv äußerte sich Schedel über erste Zwischenergebnisse der bisher größten klinischen Untersuchung in Deutschland mit einem möglichen Aids-Impfstoff. Seit Oktober 1993 beobachten 30 bundesdeutsche Kliniken unter Leitung der MHH 178 HIV-positive Patienten mit ersten Immundefekten. Sie erhalten einen von Schedels Team gentechnisch entwickelten Antikörper, der die bei Erkrankten stark abnehmende Zahl sogenannter Helfer-Zellen stabilisieren soll. Diese Zahl sinke nach den bisher vorliegenden Ergebnissen nicht ab, berichtete Schedel. Patienten, die die Untersuchung abgebrochen hätten, seien mit Placebos (ohne Wissen von Arzt und/oder Patient unwirksame Medikamente) behandelt worden.
Endgültige Ergebnisse kündigte Schedel für März kommenden Jahres an, wenn für die letzten Patienten die einjährige Untersuchungsphase vorbei sei. Ziel könne sein, nicht die Heilung anzustreben, sondern ein Leben mit dem Virus zu ermöglichen.
Der Vorsitzende des 5. Deutschen Aids-Kongresses, der MHH-Immunologe Professor Helmuth Deicher, erwartetrund 1 200 Teilnehmer zu der dreitägigen Veranstaltung in Hannover. dpa
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