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Man rauht die Oberfläche etwas auf

■ Der Fotograf Anton Corbijn, zuständig für die Corporate identity von Gruppen wie U2, hat als visueller Berater für den „europäischen Touch“ der MTV-Awards gesorgt

Sie haben für die MTV-Awards den Trailer entworfen: ein niedlicher kleiner Wohnwagen zieht durch Europa an symbolischen Bauwerken vorbei gen Berlin. Welche Vorstellungen wollten Sie damit ansprechen?

Ich suchte nach etwas, das die Idee offener Grenzen, die Möglichkeiten zu reisen ausdrücken könnte, und da fiel mir dieser Caravan ein. Natürlich erinnert er auch an fahrende Leute, die alten Zeiten der Zigeuner, dann an die New-Age-Leute, die heute in England wieder so durch die Gegend ziehen. Aber dieses Moment der Kommunikation daran ist neu: Der Wohnwagen kann noch so schäbig sein, wenn er innendrin mit neuer Technik ausgerüstet ist, ist man mit der ganzen Welt verbunden. So sind die Neunziger: mobil, offen, auch Hi-Tech gegenüber.

Also diese Vorstellung eines romantischen, elektronischen, umherschweifenden Stamms.

Mobilität, die Bereitschaft, sich immer wieder anderen Lebensumständen anzupassen, ist ein wichtiger Bestandteil dessen, was MTV verkörpern will. Ich selbst hätte ja auch nicht gedacht, daß ich mit 39 noch im Jugendkulturgeschäft tätig sein würde.

Wenn MTV sich einen berühmten Fotografen wie Sie engagiert, tritt man dann mit bestimmten Vorstellungen an Sie heran? Werden Ihnen Regeln für die Visualisierung vorgeschrieben?

So eingleisig läuft das nicht. Ich war frei, ich konnte etwa diesen Caravan aus mehreren Vorbildern am Computer zusammenbasteln, die Hintergrundmusik dazu aussuchen, auch kleine Details durchbringen. Andererseits war's das aber auch. Ich habe bislang noch nie so gearbeitet, und irgendwie ist es unterm Strich etwas enttäuschend. Schau Dir an, wieviel Leute auf dem Gelände zugange sind ...

Mehr als 300 bloß für die Fernsehübertragung ...

Ja, man ist nur eine Facette im großen Spiel. Produzenten der Show sind die Leute, die auch in den USA die Video Awards ins Bild setzen, für mich ist es ein Nebenjob. Um ehrlich zu sein: ich soll den europäischen Touch reinbringen.

Und das heißt?

Diese Vorstellung des Handgemachten, etwas Abgeschabten, schwarzweiß, nicht nur dieses amerikanische Hochglanzding. Man rauht die Oberfläche etwas auf ...

Das Autorenbild in der Übertragungsflut. Hat das auch etwas mit Berlin als Ausstrahlungsort zu tun?

Nun, das Brandenburger Tor kehrt zwischen den Auftritten immer wieder, ebenso wie das Leitmotiv, der Caravan. Ansonsten kenne ich Berlin nicht besonders. Für die Umsetzung fiel mir plötzlich noch die Musik aus Wim Wenders' „Der Himmel über Berlin“ ein, einfach, weil der Film etwas Romantisches und Melancholisches hat. Vielleicht war es auch nur so eine private Idee. Tatsächlich fallen solche Entscheidungen oft innerhalb einer Viertelstunde und müssen dann umgesetzt werden. In diesem Fotogeschäft zu sein, ist in jeder Hinsicht ein hartes Brot.

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