piwik no script img

Freundschaft statt Strafe

■ Gruppenarbeit mit Gefangenen im Nachbarschaftsladen

Seit sieben Jahren treffen sich wöchentlich ausgangsberechtigte Gefangene und Haftentlassene im Nachbarschaftsladen zu Bildungs- und Freizeitaktivitäten und zu Firmenbesuchen, die von der Justizsenatorin für gefördert werden. Der Vereinzelung wird entgegengewirkt, gemeinsam ist es oft einfacher, sich nach langen Knastjahren wieder auf ein Leben in Freiheit einzustellen, wieder mehr Verantwortung für sich selber zu übernehmen. Bei den Gefangenen gibt es ein großes Bedürfnis, über ihre akuten Probleme und Befindlichkeiten zu reden, die sich aus ihrer Haftsituation ergeben.

Neben diesen gruppeninternen Diskussionen kommt es aber auch zu Gesprächen mit Gästen. BewährungshelferInnen, VertreterInnen vom Arbeitsamt und der Verbraucherzentrale werden eingeladen. Außerdem werden regelmäßig Firmenbesichtigungen durchgeführt. Diesem Arbeitsschwerpunkt kommt besondere Aufmerksamkeit zu, weil die schwierige Situation der Gefangenen bei der beruflichen Orientierung beziehungsweise der Arbeitssuche nach langen Jahren Knast verständlich ist. Das Ziel der Gruppe ist es, bei den Gefangenen das Interesse an qualifizierter Ausbildung und Tätigkeit zu wecken und zu fördern, aber auch konkret bei der Arbeitssuche behilflich zu sein. Manchmal gelingt es sogar, einem ehemaligen Gefangenen einen Arbeitsplatz zu vermitteln. Die Wiedereingliederung in das Arbeitsleben stößt allerdings nach wie vor auf Vorurteile und Widerstände in den Geschäftsleitungen und Personalabteilungen von Betrieben. Deshalb ist Ende November eine Tagung mit dem Schwerpunkt Kooperation von betriebseigenen Sozialdiensten und Gefangenen geplant. An dieser Tagung nimmt der Nachbarschaftsladen Huttenstraße teil, denn er kann auf viele Erfahrungen zurückgreifen. Nach positiven Erfahrungen mit der Schering AG knüpfte die Gruppe über Betriebsbesichtigungen erste Kontakte mit anderen Firmen. Für Gefangene eine Möglichkeit, auf ihre Situation als Arbeitsuchende aufmerksam zu machen und Vorurteile und eigene Hemmschwellen abzubauen. In internen Gruppenauseinandersetzungen werden die persönlichen Fähigkeiten und Defizite im Arbeitsbereich und die Angst vor zukünftiger Arbeitslosigkeit thematisiert.

Darüber hinaus trifft sich zweimal monatlich eine Angehörigengruppe von Gefangenen in der Huttenstraße, und Jugendliche der StattKnastGraphik-Gruppe haben eine Ausstellung erarbeitet, die vom 26. November bis 17. Dezember in der Heilandsgemeinde in Moabit zu sehen sein wird. Der Nachbarschaftsladen bietet den Gefangenen aber auch ein kleines Freizeitangebot: Bootsfahrten, Museumsbesuche und Ausflüge ins Umland. Wer Interesse hat, den Nachbarschaftsladen bei seiner Arbeit zu unterstützen wende sich bitte an:

Nachbarschaftladen

Huttenstr. 36

10553 Berlin

Spenden an:

Sozialkulturelle Arbeit

Konto-Nummer 31 309 02

BLZ 100 205 00

bei der Bank für Sozialwirtschaft Berlin

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen