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Ist Bihac noch zu retten?

■ Unterview mit dem EU-Administrator Koschnick über den Fall Bihac, die Uno und den notwendigen Optimismus für seine Mission in Mostar

Hans Koschnick, EU-Administrator in Mostar, war am vergangenen Freitag in Bremen, um sich für diverse Spenden-Aktionen zu bedanken. Unter anderem schenkte ihm die Mercedes-Niederlassung einen Transporter für seine Arbeit. Vor allem die europäischen Polizisten, so erklärte er, brauchen derzeit täglich dieses Fahrzeug – noch haben sie nur am Rande der Stadt Unterkünfte.

Wir sprachen Koschnick am Freitag am Rande des Mercedes-Empfanges auf Bihac an – in der Hoffnung, daß Fragen und Antworten drei Tage danach noch nicht von den serbischen Angreifern überholt sind.

taz: Ist Bihac noch zu retten?

Hans Koschnick: Ich weiß nicht, ob Bihac zu retten ist. Die Frage ist für mich, ob die Menschen in Bihac zu retten sind. Für mich ist nicht das Problem der militärischen Auseinndersetzung vordringlich. Seit Mai diesen Jahres haben die serbischen Repräsentanten in der Krajina wie in Bosnien-Serbien verhindert, daß die Uno mit Hilfkonvois nach Bihac durchkommen konnte. Wenn hier nicht bald was geschieht, verrecken in diesem Winter über 100.000 Menschen. Und die Welt weiß das. Niemand kann sagen, er weiß es nicht.

„Wenn was geschieht“ heißt: Wenn Bodentruppen die Serben aufhalten...

Wieso denn das?

Weil die Serben am Stadtrand stehen.

Die haben immer am Stadtrand gestanden. Ich rede von der Versorgung der Bevölkerung: ob man Konvois reinläßt. Ich rede nicht davon, was an militärischen Konflikten da ist. Die haben ja auch ohne Schießerei keinen reingelassen. Die Frage ist: Wie lange will die Uno und wie lange will die Welt zusehen, daß das möglich ist.

Was könnte die Uno tun?

Zum Beispiel ist Kroatien nur 20 Kilometer weit entfernt. Man könnte relativ, relativ! mit Konsequenz die Konvois durch die Krajina, das gehört zu Kroatien, ist aber serbisch besetzt – hindurchschleusen. Die bosnischen Serben müßten wissen, welche Konsequenzen entstehen, wenn sie sie nicht durchlassen. Solange wir aber nur Drohgebärden machen und nicht wirklich handeln, sollte man nicht davon reden. Dann sollte man den Mut haben und sagen: Wir haben die Menschen abgeschrieben. Das ist alles Wind vor der Haustür.

Mit welchen Konsequenzen könnte man drohen, wenn nicht mit dem Einsatz von Bodentruppen?

Alle europäischen Offiziere außer Graf Kielmannseg sagen: Wir gehen nicht mit Bodentruppen rein, die Frage ist militärisch nicht zu lösen, wir wollen kein zweites Afghanistan haben, wir wollen auch nicht fluchtartig wieder raus wie wir es in Somalia getan haben. Wenn das so ist, muß man sagen: militärische Einsätze können nicht die Antwort sein. Es kann aber sein, daß ein richtiger Schlag mit der Luftwaffe deutlich macht, was Europa und was die Union will. Es mag sein, daß es ohne geht. Wir haben ein Waffenembargo dort, gegen Serbien, gegen Kroatien, gegen Bosnien-Herzegowina. Aber die einen haben neue Artillerie, die anderen haben neue Migs und Hubschrauber, und die anderen haben neue Raketenabwehrsysteme, alle nicht da gebaut. Wie kann das angehen, wenn rings herum Mitglieder der Uno da sind?

Sind Sie dafür, das Waffenembargo gegen Bosnien aufzuheben?

Das braucht man doch nicht. Die haben doch alles. Izetbegowich verlangt es doch nur in der Uno, um zu sagen: Warum kriege ich keine, der ich mich verteidigen muß. Aber er hat sie doch alle. Was er braucht, ist ökonomische Hilfe. Ich bin dafür, daß wir in Bosnien-Herzegowina sobald wie möglich sichtbare Aufbauzeichen setzen. Damit die Serben wissen: Europa steht dahinter. Für Izetbegowich geht um die völkerrechtliche Frage. In der ganzen Gegend sind die Waffen, die Sie haben wollen.

Es ist alles Schwindel, was in der Uno erklärt wird, Boykottmaßnahmen und so weiter. Jeder schmunzelt still und hält große Erklärungen. Diese Form von Öffentlichkeitsarbeit regt mich auf. Ich halte das für eine massive Beschwindelung der Bevölkerung vor allem dort. Die Bevölkerung lebt in der Hoffnung, die Uno tut etwas.

Sie haben einen österreichen Mitarbeiter für Erziehung und Kultur mit Namen Bachmann, der hat einem Journlisten von der Zeit anvertraut: Koschnicks Mission droht zu scheitern. Die Kroaten würden aus der EU soviel Geld herausholen wie es geht, aber die Wiedervereinigung der Stadt boykottieren. Die wollten nicht das gemeinsame Mostar.

Das hat ein Journalist geschrieben.

Der hat Bachmann auch so zitiert.

Ja.

Sind Sie optimistischer?

Die Frage ist: Setze ich auf Optimismus oder setze ich auf Pessimismus? Hier setzt jemand auf Pessimismus, weil er irgendwann mal aufgelaufen ist. Du lieber Gott! Wenn ich jedesmal einbrechen würde, wenn ich mal was nicht durchsetzen konnte, dann hätte ich in Bremen nie arbeiten können.

Ihr Mitarbeiter sagt auch: Die Zeit bis 1996 ist viel zu kurz.

Kann ja sein. Aber in Washington ist abgemacht worden: Mostar und Sarajewo für zwei Jahre. Ich bin ganz sicher, wenn ih weggehe, ist nicht alles gelöst. Da war ein Bürgerkrieg. Wie will man in drei Monten eine Antwort haben, daß alles klar ist. Hundert Jahre hat der Bürgerkrieg in Amerika gedauert, 40 Jahre in Spanien. Und Sie sagen: nach drei Monaten muß alles klar sein, da müssen die sich wieder alle küssen? Das ist ja ungefähr so als wenn Radio Bremen RTL lieben müßte... Int.: K.W.

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