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Scharping trimmt die SPD auf Kurs

■ Überraschungsauftritt beim „Seeheimer Kreis“ der SPD-Rechten

Tutzing (dpa) – Sechs Wochen nach der Niederlage bei der Bundestagswahl hat SPD-Partei- und Fraktionschef Rudolf Scharping von seiner Partei einschneidende Kursänderungen verlangt. Um wieder mehrheitsfähig zu werden, müßten sich die Sozialdemokraten strategisch neu ausrichten, damit sie für die Mittelschichten wieder attraktiver werden, sagte Scharping am Wochenende bei einem überraschenden Auftritt auf einer Tagung des „Seeheimer Kreises“ in Tutzing. Er kündigte die Gründung eines SPD-Wirtschaftsrats aus namhaften Unternehmern und Managern an.

Die SPD müsse bald konkrete Antworten darauf geben, wie der Sozialstaat umzubauen sei. Präsidiumsmitglied Renate Schmidt und andere Redner sprachen sich dafür aus, den Mißbrauch von staatlichen Sozialleistungen konsequent zu bekämpfen und Vorstöße der Union nicht von vornherein abzulehnen.

„Hohen Renovierungsbedarf“ gibt es nach Ansicht Scharpings auch in der Parteiorganisation angesichts der Altersstruktur der Mitglieder und ihrer sozialen Verankerung. Der Zustand der Partei in den süddeutschen Ländern sei „nicht gerade gut“, in bestimmten Großstädten sei er „beschämend schlecht“. Selbstkritisch äußerte er sich zum Bundestagswahlkampf. Dort seien einige Themen zu kurz gekommen; die SPD sei zu eingeengt als Partei der sozialen Gerechtigkeit aufgetreten. Als Konsequenz aus der Wahlniederlage müsse die SPD nun neue Angebote machen. „Wir können den Leuten nicht mehr mit dem Argument kommen, ihr verdient gut, also seid ihr die Lastesel für uns.“

Scharping fuhr fort: „Wir können es drehen, wie wir wollen, der Sozialstaat muß modernisiert werden wie der Staat insgesamt.“ Die Linie der Koalition – die laute: „Wer im Wettbewerb nicht mithalten kann, den stellen wir der Caritas zur Verfügung“ – könne die SPD in Schwierigkeiten bringen, weil sie die eigenen Anhänger spalte. Deshalb müsse die SPD der Regierung ein eigenes Konzept entgegensetzen. Zur Oppositionsarbeit der nächsten Jahre meinte er: „Es wäre absolut dumm, wenn wir im Bundesrat nur blockieren.“ Es sei klüger, davon nur in ausgesuchten Fällen Gebrauch zu machen, etwa beim Abtreibungsparagraphen 218.

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