: Flügellahme Fluglinie
■ Streiks bei Iberia gegen Entlassungen
Madrid (AFP/taz) – Die Passagiere stehen auf dem Rollfeld und machen sich schließlich zu Fuß auf zum Empfangsgebäude. Dort warten sie vergeblich auf ihre Koffer. Gestern legten die Angestellten der spanischen Fluggesellschaft Iberia durch einen wilden Streik alle großen Flughäfen des Landes lahm. Sie protestieren gegen Pläne des staatlichen Unternehmens, 5.200 der 24.000 MitarbeiterInnen zu entlassen und mehrere Subunternehmen zu verkaufen.
Iberia steht kurz vor der Pleite. Ohne Sanierung ist der Konzern spätestens im März zahlungsunfähig. Der Vorstand prognostiziert einen Verlust von umgerechnet 1,25 Milliarden Mark in diesem Jahr. Nur noch 300 Millionen Mark an flüssigen Mitteln hat das Unternehmen zur Verfügung, während die Schulden auf fast vier Milliarden Mark angewachsen sind.
Der erste Sanierungsplan der Geschäftsführung sah allgemeine Gehaltskürzungen von 15 Prozent und Frühpensionierung von 2.120 MitarbeiterInnen vor. 400 Millionen Mark veranschlagten die Manager für einen Sozialplan. Das Staatsunternehmen hoffte dabei auf knapp 1,7 Milliarden Mark Subventionen aus Madrid und Brüssel. Dazu ist jedoch die Zustimmung der EU-Kommission notwendig, die jedoch eigentlich Zuschüsse an Fluggesellschaften unterbinden will. Eine Streikwelle fegte das Vorhaben dann aber sehr schnell über den Haufen.
Jetzt beschwören die Leute aus der Chefetage die weitere Zuspitzung der Situation. Sie kündigten an, daß die Zahl der Entlassungen mehr als doppelt so hoch wie geplant ausfallen werde. Außerdem wollen sie die Inlandsfluglinie Aviaco und die Chartergesellschaft Viva verhökern, für die sie knapp 1,2 Milliarden Mark einzunehmen hoffen. Auch die Beteiligungen an mehreren lateinamerikanischen Gesellschaften sollen abgestoßen werden. Und selbst die Veräußerung der Luftbrücke Madrid–Barcelona wird inzwischen nicht mehr ausgeschlossen.
Gestern wollte die Direktion mit den Gewerkschaften über ein Ende des Streiks verhandeln. Die sozialistische Arbeitnehmervertretung UGT und die radikalere, einst anarchistische CCOO vertreten dabei unterschiedliche Positionen. Einig sind sie sich allerdings darin, daß der beabsichtigte Schrumpfkurs einem „Verschwinden der Iberia“ gleichkäme. Die Schuld an der Misere habe das Management. aje
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