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■ Wie man Baustellen vervielfältigtZu feiern gibt es viel

„Berlin, Berlin“, rappte es aus dem Lautsprecher, und die „Gropiuslerchen“ machten gute Miene zum Playback. Unter den Ehrengästen beim ersten Spatenstich für das „Hotel Adlon“ am Pariser Platz waren auch zwei, die immer schon wußten, wo Bauhandwerk goldenen Boden hat: der CDU-Bundestagsabgeordnete Buwitt, der sich einst preiswert eine Heizung einbauen ließ und deshalb nach Bonn verschwinden mußte, sowie U-Boot-Kommandant Franke, der nach seiner Zeit als CDU-Bausenator auch an Frankfurt (Oder) bis zu seiner plötzlichen Vertreibung zeigen konnte, wie man seine Immobilienfreunde bedient. Sie brauchten sich nicht einsam fühlen. Dieser Tage trifft man die sogenannten Spitzen der Gesellschaft öfter als einem lieb ist auf den Baustellen. Ein einziges déjà-vu-Erlebnis. Das ist nicht allein dem Bauboom geschuldet, sondern ein Ergebnis der medialen Reproduzierbarkeit. Investoren haben diese Spielregel am Ende des 20. Jahrhunderts begriffen. Wer was auf sich hält, feiert doppelt oder dreifach, bis es der letzte bemerkt hat. Gestern stand beispielsweise der erste Spatenstich für die Wasserstadt Spandau an. Wieder einmal war Daimler-Benz dabei stilbildend: Vor über einem Jahr gab es den ersten Spatenstich auf dem Potsdamer Platz, vor wenigen Wochen war die Grundsteinlegung fällig. Als nächstes dürfen wir uns auf das Richtfest freuen, dann natürlich auf das Einweihungsfest. Gleiches beim „Adlon“- Akt: auf unberührter Wiese stach der Regierende Bürgermeister schwungvoll in einen vorher herangekarrten Haufen Sand – der später wieder weggeschafft wurde. So bringt man das Bauprojekt ins Bild. Und mancher Investor, dem der Kapitalmangel im Magen zwickt, hofft darob auf neue Geldgeber. Gerd Nowakowski

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