■ Die FDP Nordrhein-Westfalens hat einen neuen Chef: Das letzte Gefecht
Wer braucht die real existierende FDP? Die Antwort läßt sich in zwei Worte fassen: Helmut Kohl! Kluge CDU-Wähler wußten das. Knapp zwei Drittel der FDP-Wähler waren deshalb bei der Bundestagswahl in Wirklichkeit CDU-Gesinnte. Diesen Funktionswählern verdankt die FDP ihren Einzug in den Bundestag. Um ihrer selbst Willen votieren gerade noch drei bis vier Prozent der WählerInnen für die Liberalen. Fällt das Funktionsargument flach, wie in den meisten Landtagen und Kommunen, fliegt die FDP aus den Parlamenten raus. Verantwortlich für diesen Schwund der liberalen Basis ist gewiß nicht nur die völlig konturenlose Politik der Bonner FDP-Führungsriege, aber ohne deren langjähriges Versagen wäre der Absturz so nicht ausgefallen.
Viele in der FDP teilen diese Zustandsbeschreibung. Eine Politik des „Weiter so!“ verbietet sich daher für die Partei. Klaus Kinkels Weigerung, die beschlossene Trennung von Amt und Mandat mitzutragen, wirkt da wie ein Signal in die falsche Richtung. Beharrung statt Wandel. Sicherheit statt Phantasie. Niemand anders aus der Führungsriege der Partei hat die kritische Lage der FDP öffentlich klarer benannt als Jürgen W. Möllemann. Man kann getrost davon ausgehen, daß er dabei nicht selbstlos nur die Sache meinte, doch im Kern lag der Kinkel-Kritiker richtig. Weil aber Möllemann wegen seiner windigen Vergangenheit als Person kaum als glaubwürdiger Problemlöser in Frage kam, stellten ihn die Delegierten des NRW-Parteitages am Wochenende ins Abseits. Gleich daneben plazierten sie den Kinkel-Vertrauten Fritz Schaumann. Der sachliche Kern der Möllemann-Kritik wird von dem neuen Landesvorsitzenden Joachim Schultz-Tornau geteilt. Ohne eine „programmatische Erneuerung im Geiste von Freiburg“ sieht der Neue für die FDP keine Zukunft. Das risikoscheue Gewurschtel von Klaus Kinkel & Co. wird dabei zum größten Sicherheitsrisiko der FDP. Die eigene Klientel ist der Sprüche aus Bonn überdrüssig. Wer in der Regierung zuläßt, daß 90 Prozent der Subventionen an die Großkonzerne gehen, der kann beim liberalen Mittelstand irgenwann nicht mehr landen.
Hier will der neue Mann aus Ostwestfalen ansetzen. Die FDP als „kompetente Wirtschafts- und Bürgerrechtspartei“ gleichermaßen, als eine Kraft, die für liberale Grundsätze in der Gesellschaft steht. Kein Anhängsel, keine Funktionspartei, sondern eine eigenständige Kraft, nur der liberalen Sache verpflichtet. Ob das gelingt, wird sich schon im Mai nächsten Jahres bei der Landtagswahl in NRW zeigen. Eine Alternative gibt es nicht, denn als Funktionspartei wird die FDP im Düsseldorfer Landtag nicht gebraucht. Entweder sie gewinnt als FDP pur, oder die Partei geht unter. Walter Jakobs
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