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Aller Landkreise Müll nach Altenwerder

■ Neue MVA soll auch das Umland entsorgen / Hamburgs Grüne wittern Unrat

Wohin mit dem Müll? Rätselt nicht nur die Freie und Hansestadt. Nein, auch im schnuckligen Winsen, in Stade, Soltau oder Rotenburg an der Wümme blättern die zuständigen Landkreis-Beamten im kleinen Ratgeber für große Entsorgungsprobleme. Und siehe da – es findet sich auch was. Die Telefonnummer der Hamburger Stadtreinigung zum Beispiel.

Die hat neuerdings richtig was zu bieten: Müllverbrennung in Altenwerder. 320.000 Tonnen soll der dritte Hamburger Müllofen ab 1998 jährlich schlucken. Mehr, als die Stadtreinigung anliefern will. Schnell setzt man sich an einen Tisch, die Entsorgungsspezis aus der Provinz, die Stadtreinigung und die HEW, die das Müllheizkraftwerk betreiben will. Ist schließlich –ne Mark mit zu machen mit so einem Ofen, der auch noch Strom und Wärme liefert.

Ein Problemchen: Die Landkreise möchten lieber etwas mehr Müll loswerden als sie können dürften, wenn man nach den Planungsvorgaben für die MVA in Altenwerder geht. 240.000 Tonnen, so hatte Müll-Senator Fritz Vahrenholt bei der Vorstellung der Altenwerder-Pläne erzählt, sollten für Hamburg reserviert werden. Blieben 80.000 Tonnen für vier Landkreise. Zuwenig, sagen die Kreis-Vahrenholts und drohen damit, gar keinen Müll nach Altenwerder zu bringen. 190.000 Tonnen, das wird in den vier Kreisstädten flugs berechnet, müßten's schon sein. Platzt das Müllgeschäft?

Aber nein. Denn schließlich sind nun HEW und Stadtreinigung mit Rechnen dran. Und siehe da: 120.000 Tonnen könne man schon abnehmen, heißt es jetzt. Vielleicht sogar etwas mehr. Wer weiß heute schon, wieviel und welcher Müll 1998 so verbrannt wird? Sinkende Hamburger Müllmengen und schlapperer Heizwert des angelieferten Unrats, so die Kalkulation der Stadtreinigung, könnten ja vielleicht noch Platz schaffen für weiteren Landkreis-Müll. Ohne daß der oberste Polit-Zweck der neuen MVA – Ausstieg aus der Deponie Schönberg – gefährdet wird.

Das Angebot steht bis zum 6. Januar: 120.000 Jahrestonnen für die vier Kreise, Laufzeit des Vertrags 20 Jahre. Stades Kreistag hat schon eingeschlagen, der Rest folgt. Auch wenn Hamburgs Grünen Übles schwant: Wird in Altenwerder noch viel mehr Müll verbrannt als geplant? Wird die gesamte Region künftig statt auf Müllvermeidung auf Verbrennung setzen? Vahrenholt möge endlich einen Abfallwirtschaftsplan vorlegen, fordert die GAL. Recht hat sie. Aber den Müll-Deal verhindern wird sie nicht. uex

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