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Rehabilitation erster Klasse

■ Fehler gemacht, aber keinen Dreck am Stecken: Ex-Umweltstaatsrat Lahl entlastet

Die Erleichterung ist ihm anzumerken, eine kleine Satisfaktion für Uwe Lahl: Gestern konnte der ehemalige Staatsrat beim grünen Umweltressort bekanntgeben, daß die Ermittlungen im Disziplinarverfahren gegen ihn abgeschlossen worden sind. Das Ergebnis: Nichtskommanull hat sich Lahl zuschulden kommen lassen. Die Vorwürfe, die im April dieses Jahres vom Bund der Steuerzahler und vom CDU-Umweltpolitiker Günter Niederbremer gegen Lahl erhoben worden waren, sind alle in sich zusammengefallen. Politisch verbeult, aber juristisch mit einer weißen Weste geht Lahl in eine neue berufliche Zukunft. Das wird die Bremer SteuerzahlerInnen freuen. Denn Lahl geht bei seinem Vorruhestandsgehalt von 75 Prozent seiner Staatsratsbezüge nicht spazieren. Er hat eine Beratungsfirma für Umweltschutztechnologie aufgemacht, und das Unternehmen läuft gut an. Die ersten Aufträge sind schon da. Damit wäre Lahl einer der ersten vorzeitig abgeschobenen Staatsräte, die nicht mehr aus dem Steuersäckel alimentiert werden.

Zur Erinnerung: Lahl war im Frühjahr über die Nachfolgeplanung für die Müllverbrennungsanlage gestolpert. Dafür hatte der Umweltsenator ein Gutachten vergeben, und eine der Gutachterfirmen war just das Unternehmen, für das Lahl einen Geschäftsführervertrag ausgehandelt hatte, bevor er seinen Job bei Umweltsenator Ralf Fücks angetreten hatte. Sein Fehler: Er hatte diese politisch höchst interpretationsfähige Verbindung verschwiegen. Selbst seinen Senator hatte er erst informiert, als die Verbindung längst ruchbar war, als die CDU-Opposition sich genauso auf die Fährte gesetzt hatte, wie eine ganze Reihe von Journalisten. „Als diese Jagd auf mich eröffnet worden ist, bin ich in Panik geraten“, sagt Lahl heute. „Ich habe meinen Senator und die Öffentlichkeit zu spät informiert. Das war mein Fehler.“ Das war es auch genau, weshalb Fücks seinen Staatsrat schweren Herzens in die Wüste schickte.

Aber damit war die Affäre für Lahl noch längst nicht beendet. Der Bund der Steuerzahler hatte Dienstaufsichtsbschwerde eingelegt. Der Verdacht: Lahl hätte als Staatsrat die Vergabe des bewußten Gutachtens so beeinflußt, daß die besagte Firma ins Geschäft gekommen sei. Eine Version, die vom CDU-Umweltpolitiker Günter Niederbremer auch in der Bürgerschaft scharf vertreten wurde. Die Vergabe des Gutachtens sei von Lahl „federführend in kleinen Zirkeln, unter Ausschluß von Fachleuten und gegen Bedenken einzelner Verfahrensteilnehmer behandelt worden“, hatte Niederbremer behauptet. Ein schwerer Vorwurf. 150.000 Mark hatte die Firma für das Gutachten bekommen, weit lukrativer allerdings war der Auftrag danach. Meist sind es die Gutachterbüros, die schließlich auch die Bauplanung abwicklen, ein Millionengeschäft.

An den Vorwürfen ist nichts dran, haben nun die Ermittlungen ergeben. Die Senatskommission für das Personalwesen hatte die Staatsanwaltschaft beauftragt, den Vorwürfen nachzugehen. Die haben alle Beteiligten vernommen und in die Akten geguckt. Resultat: Der Entscheidungsprozeß für die Vergabe der Gutachten sei „allein durch sachliche Gesichtspunkte geprägt“ gewesen, attestiert der ermittelnde Staatsanwalt. „Für eine tatsächliche Befangenheit haben sich mithin keine objektiven Anhaltspunkte ergeben.“ Allerdings kritisiert auch die Staatsanwaltschaft das Schweigen Lahls. Und das ist es, was Lahl auch mit dem Abstand von einem guten halben Jahr einsieht. Und deshalb: „Auch im Nachhinein kein Groll gegen Ralf Fücks.“ Allerdings: „Auch Politiker müssen die Chance auf eine faire Prüfung der Vorwürfe gegen sie haben. Das ist eine Frage der politischen Kultur. Aber die geht an diejenigen, die die Jagd auf mich veranstaltet haben.“ So gesehen müßten Günter Niederbremer gestern nachmittag die Ohren geklingelt haben. J.G.

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