: Machtverhältnisse nun zementiert
Namibias Wahlen ergeben eine Zweidrittelmehrheit für Präsident Nujoma und die Swapo /Ovambo- Gefolgschaft wird auf die Umsetzung sozialer Versprechen pochen ■ Aus Johannesburg Willi Germund
Bei den ersten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in Namibia seit der Unabhängigkeit im Jahre 1990 erzielte die ehemalige Unabhängigkeitsbewegung Swapo einen massiven Wahlsieg. Auch der amtierende Präsident Sam Nujoma wurde wiedergewählt. Zwar liegt das endgültige offizielle Ergebnis der am Mittwoch und Donnerstag letzter Woche stattgefundenen Wahlen noch nicht vor, aber es zeichnet sich nach den Auszählungen vom Wochenende ab, daß sowohl die Swapo, die bisher 42 der 72 Parlamentssitze innehatte, als auch Nujuma etwa 70 Prozent der Stimmen für sich gewannen. Die stärkste Oppositonbsbewegung, die „Demokratische Turnhallenallianz“ (DTA) kam auf rund 22 Prozent.
DTA-Präsidentschaftskandidat Mishake Muyongo erklärte in seinem Wohnsitz Katima Mulilo im entlegenen Caprivi-Streifen, seine Partei würde das Ergebnis nicht anerkennen. Doch eine Beobachtergruppe der Europäischen Union hatte die Wahl bereits am Samstag als „frei und fair“ bezeichnet. Neben Swapo und der DTA konnte sich gestern nur noch die „United Democratic Front“ (UDF) Hoffnungen auf einen Parlamentssitz machen. Sie holte knapp drei Prozent - rund die Hälfte der Stimmen ihres Ergebnisses bei den letzten Wahlen.
„Die zweiten Wahlen sind die wichtigsten“, pflegen internationale Beobachter die Bedeutung von Urnengängen bei Demokratisierungsprozessen in der Dritten Welt zu beschreiben. Danach hat Namibia in der vergangenen Woche die „demokratische Reifeprüfung“ bestanden - zumal die Wahlbeteiligung mit 77 Prozent überraschend hoch lag. Aber der wirkliche Test folgt erst in den nun folgenden Jahren.
Das 55-köpfige Swapo-Zentralkomitee diskutierte bereits im Vorfeld der Wahlen über eine Verfassungsänderung, die angesichts der Zweidrittelmehrheit im Parlament nun möglich sein wird. Laut Namibias bisherigem Grundgesetz darf ein Präsident nur einmal wiedergewählt werden. Die Swapo würde diese Regel gerne ändern, damit der 66jährige Sam Nujoma noch zu einer dritten Amtsperiode antreten kann.
Erste Zeichen des weithin in Afrika üblichen Patriarchentums sind auch in Namibia unübersehbar. Während der Wahlen wurde bekannt, daß die Regierung des 1,5 Millionen Einwohner zählenden Landes einen zweiten Kleinjet für sich anschaffen will. Die erste Maschine im Wert von etwa 30 Millionen Mark wurde erstanden, während Namibia internationale Institutionen um Hilfsgelder zur Überwindung einer katastrophalen Dürre anging. Diplomaten in Windhoek werden zudem aufmerksam beobachten, wie Nujoma mit den in der jüngsten Zeit in Korruptionsaffären verwickelten „Kampfgefährten“ umgeht.
Namibias junge Demokratie wird weiter durch ethnische Loyalitäten bestimmt. Die Swapo konnte sich auch bei diesen Parlamentswahlen auf die bedingungslose Gefolgschaft der Ovambo im Norden des Landes verlassen. Sie stellen etwa die Hälfte der Bevölkerung und der 650.000 Wahlberechtigten. Zwar bemühte sich auch die Swapo, in der Kandidatenliste eine ethnische Balance zu finden, aber sowohl die sechsprozentige weiße Minderheit wie die zusammen weniger als zehn Prozent ausmachenden Herrero, Damara und andere stellen zukünftig ein Protestpotential gegen Benachteiligungen dar.
Nujomas Ovambo-Gefolgschaft wird während der kommenden vier Jahre auf die Verwirklichung sozialer Versprechen pochen. „Die Swapo hat bisher bewiesen, daß sie Frieden und Stabilität bringen konnte. Jetzt hoffen wir auf soziale Verbesserungen“, erklärte ein Nujoma-Gefolgsmann in Windhoeks schwarzem Township Katutura. Nujoma selbst, der den Sieg am Wochenende in der Küstenstadt Swakopmund feierte, steckte vielversprechende Vorhaben ab und verkündete: „Unsere neuen Feinde sind Armut, Hunger, Krankheit und Unwissenheit.“ Gleichzeitig will die Regierung aber alles tun, Namibias Attraktivität für ausländische Investoren zu steigern – und wird deshalb bemüht sein, auf Experimente zu verzichten.
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