: Kampf der Silbermöwen
■ Bedächtiger PR-Film über das Wattenmeer / Betrachtet von Fritz Gleiß
Wirklich bedrohlich sind nur die Flieger. Doch in diesem Film kommen selbst Militärjets nicht donnernd herangesaust, sondern ziehen fast unhörbar am blaßblauen Himmel entlang. Zuweilen nehmen sie Menschen, auch Filmemacher, aufs Korn, die sich auf den winzigen Salzwiesen von Schar- und Nigehörn befinden. Das aber wird nicht gezeigt.
Die Botschaft des neuen, gestern vorgestellten PR-Videos für den „Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer“ ist kurz: Zu tief fliegende Bundeswehrpiloten, die sich am Leuchtturm der Insel Neuwerk orientieren, stellen die eigentliche Gefahr für die Zug-, Rast- und Stammvögel im Nationalpark dar. Sie scheuchen die Vögel auf, die sich in diesem ungemein nahrungsreichen „Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung“ gerade das notwendige Fettpolster für den Weiterflug anmästen. Werden sie gestört, müssen sie von vorn anfangen mit dem Fressen.
Die Hamburger Umweltbehörde bezuschußte das Video „... zwischen Küste und Meer“ von Helmke und Peter Kaufner mit 50.000 Mark. „Man schützt nur das, was man kennt“, sagt dazu Nationalparkleiter Klaus Janke. Wo Touristen Abstand halten sollen - Nigehörn ist voll gesperrt, Scharhörn nur angemeldet zu besuchen -, können vielleicht schöne Bilder helfen.
Die Gefahren für die Natur des Parks kommen da ein wenig kurz. Angeschwemmter Elb- und Weserdreck, nur zwei Kilometer entfernt entlangziehende Ozeanriesen oder sommerliche Touristenschwärme - abgehakt mit jeweils einem Satz und Bild.
Bei der Präsentation des Films schwärmte Klaus Janke statt dessen vom Rückgang des anlandenden Mülls. Abnehmende Gefährdung verspricht sich der Nationalparkleiter auch von erhöhten Sicherheitsstandards in der Seeschiffahrt. Und den Touristen schließlich sei der Zugang zum Park nicht völlig zu verwehren, solange man auch Bildung und Erholung als Zweck der Einrichtung betrachte.
Mitten im Hamburger Nieselwinter zeigt das Kaufner-Video sommerlich brütende Austernfischer und Brandseeschwalben aus Westafrika. Das Fernsehen bringt ja auch zu jeder Jahreszeit die Großaufnahme vom Löwenbaby im Maul der Schlange. Es hat uns verwöhnt, ganz sicher. Den Kampf der Silbermöwen im Film der Kaufners hätten wir da gerne etwas blutiger, lieber rot statt weiß gehabt.
Ansonsten aber gefallen die bedächtigen, stets in blaß blau-weißen Farben gehaltenen Bilder. Im Mittelpunkt von Bild und Text stehen nicht die ungenießbaren Möweneier entlang der gesamten deutschen Nordseeküste, sondern Vögel wie die Brandgänse und ihre Küken-Kindergärten.
Nationalparkleiter Janke sieht im Film einen „Diskussionsanheizer“, der nicht nur im Park selbst gezeigt werden soll, sondern auch auf Jugendfreizeiten und Zeltlagern. Er wird von der Umweltbehörde und öffentlichen Bildstellen kostenlos verliehen und ist für 26 Mark auch im Buchhandel erhältlich.
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