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Demokratie ist lustig!

■ Eine schauerliche Stunde Staatsbürgerkunde beim Großen Runden Tisch zum Altonaer Theater

Schon lange geistert durch die Redaktionsstuben der taz die Idee, eine Serie über Das wahre Gesicht der Demokratie zu schreiben. Wie und was so am Rande von Bürgerschaftssitzungen oder in Bezirksausschüssen verhandelt, geschachtert und sich entblößt wird, glaubt sicherlich keiner, der nicht dabei war. Aus Alkohol, Eitelkeiten und schildbürgerhaften Ansprachen entsteht hier die Politik, wie sie wirklich ist – und zwar um so possenhafter, je mehr man sich den Fußkranken der Parteien nähert, die über die Gremienpolitik der Bezirke nicht hinaus kommen. Hier sitzen die Wichtigtuer und Gernegröße herum, die Selbstdarstellung für Politik halten, und deren kleine Lichtlein, wenn sie nicht gerade Schaden anrichten, schon mal zum Totlachen sind.

Die unfreiwillige Burleske, von der heute zu berichten ist, fand am Montag im Kollegiensaal des Altonaer Rathauses statt. Der Kulturausschuß der örtlichen Bezirksversammlung hatte durch seinen Vorsitzenden, Hans-Jacomo Hollinger (Statt Partei), zu einem „Großen Runden Tisch“ über das Altonaer Theater geladen – reaktionsschnelle fünf Monate nach dessen Konkurs. In der eitlen Erwartung eines fulminanten Andranges interessierter und empörter Bürger hatte man gleich den größten verfügbaren Saal angemietet, allein: es kam keiner. So saßen ein paar betroffene Vereinsmeier, die unter Ex-AT-Chef Fitze den Saal benutzen durften, Ex-Fitze-Junior-Chef Heitz mit Familie und die Kulturfredln der Parteien alleine am großen Rund und spielten vorweihnachtliche Wunschstunde.

Was man denn gerne für ein Theater in Altona hätte, fragte Hollinger eröffnend, als hätte der anwesende Theaterreferent der Kulturbehörde, Hans-Heinrich Bethge, die 3,2 Millionen Mark gestrichener Subventionen im Köfferchen dabei, um sie einem tollen Gewinner für den schönsten Vorschlag gleich heute abend noch zu übergeben. Und schon, hotte-hü, ging das Steckenpferdchenreiten los. Wirr verstrickten sich die Anwesenden in ihre Vorschläge, und – wie schrecklich – es half ihnen niemand. Denn von den eingeladenen angeblichen Interessenten für ein neues Theater in der Aula der Gewerbeschule Altona war auch keiner erschienen.

Schließlich kam jemand auf die Idee, man könne ja auch den Herrn Bethge mal fragen, wie eigentlich der Stand der Dinge ist. Als dieser dann brav berichtet hatte, daß es verschiedene Interessenten mit sehr unterschiedlichen Konzepten gebe, brach ihm der Sturm der Empörung der selbsternannten Theaterfachleute entgegen: Man könne mit 200.000 Mark verbliebener Subvention überhaupt kein Theater machen. Und als müßte die Kulturbehörde nicht 1996 noch weitere 2,7 Millionen Mark aus ihrem Etat streichen, forderte man dann trotzig drei, nein fünf, nein acht Millionen, weil das irgendwie alles so überhaupt nicht geht und hier ein Theater her müsse.

Daß Theaterreferent Bethge – der einzige Profi im weiten Rund – dann auf das Ansinnen des Kulturausschusses, man möge ihn an der Entscheidung über die Zukunft des Theaters beteiligen, sehr reserviert reagierte, kann ihm nach diesem Zirkus niemand übel nehmen. Ach ja, eine Resolution ohne Adressat hat das wilde Dutzend dann auch noch einstimmig verabschiedet: Wir wollen unser Altonaer Theater wiederhaben. Na, dann schönes Wollen, wünscht Ihnen

Ihr Till Briegleb

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