: Dem Kanzler eine steinerne Landmarke
■ Zwei Sieger im Wettbewerb für den Neubau des Bundeskanzleramts
Berlin (taz) – Das neue Bundeskanzleramt in Berlin soll weder eine abgeschottete Regierungsburg noch ein Container à la Bonn werden. Nach dem Ergebnis des Bauwettbewerbs für den Neubau des Kanzleramtes, bei dem die Jury am Dienstag abend zwei erste Gewinner und einen dritten Sieger auszeichnete, ist geplant, das Ensemble im Spreebogen nach „strengen städtebaulichen Vorgaben entstehen zu lassen“, so ein Teilnehmer des Preisgerichts. Diese sehen vor, das Kanzleramt am westlichen Ende des „Bundesbandes“ aus Regierungs- und Parlamentsbauten mit rund 19.000 Quadratmeter Nutzfläche sowie einer festgelegten Traufhöhe und Breite zu realisieren.
Es ist kein Wunder, daß ausgerechnet der Architekt, der diese Vorgaben mit zu verantworten hat, einer der Gewinner ist: nämlich Axel Schultes. Schultes war bereits im Frühjahr 1993 als Sieger aus dem „Städtebaulichen Wettbewerb Spreebogen“ hervorgegangen, der die Rahmenbedingungen für die zukünftige Bebauung festgeklopft hatte. In seinem jetzigen Entwurf bezieht er sich auf die ursprüngliche Planung, weist aber auch – nach der Kritik Helmut Kohls an der zu egalitären städtebaulichen Idee – darüber hinaus. Im Norden und Süden wird das Areal darum mit Randbebauungen von 22 Meter Höhe einfaßt. In die Mitte des Ensembles dagegen plaziert Schultes ein 40 Meter hohes zentrales Gebäude, das als Gegengewicht zum benachbarten Reichstag und als „Kanzlerlandmarke“ fungiert. Auch die Mitgewinner, das Büro Krüger/Schuberth/Vandreike (ebenfalls Berlin), beziehen sich auf die Vorgaben mit einer geschlossenen Randbebauung und einem großen zentralen Gebäude, formen die Bauten aber weniger expressiv und offen als Schultes.
Das neue Kanzleramt entsteht ab 1997 auf dem Gelände des ehemaligen preußischen Generalstabs: einem der Lieblingsgrundstücke Helmut Kohls in Berlin. In den achtziger Jahren hatte der Kanzler dort per Fingerzeig das Deutsche Historische Museum hinbeordert. Nach dem Fall der Mauer legte Kohl den Ort für das Kanzleramt – nach einem Stadtspaziergang – erneut in postfeudaler Weise fest.
Eben darum könnte das letzte Wort über den Wettbewerb noch lange nicht gesprochen sein, warnt ein Jurymitglied. Mit in das Auswahlverfahren, das letztendlich im Kanzleramt beschlossen wird, könnte deswegen der Drittplazierte, Oswald Mathias Ungers, gelangen. Und dessen Entwurf sieht eine Kanzler-Festung vor, gerade das rechte für Kohl. Rolf Lautenschläger
Siehe auch Kommentar Seite 10
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