Karadžić erteilt Carter Nachhilfe in Geschichte

■ Treffen in der Serbenhochburg Pale

Pale/Berlin (dpa/AFP/taz) – Zur Begrüßung gab es Blumen für Rosalynn Carter. In Pale, der Hochburg der bosnischen Serben, wurden der ehemalige US-Präsident und seine Frau gestern bei ihrem als privat bezeichneten Besuch herzlich empfangen. Zunächst gab es eine kleine Geschichtslektion von Serbenführer Radovan Karadžić für die Gäste aus den USA: Lang und breit sprach er von der serbisch- amerikanischen Waffenbrüderschaft im Ersten und Zweiten Weltkrieg. Karadžić übernahm auch die Verantwortung dafür, daß das öffentliche Ansehen der Serben schwer beschädigt sei. Entgegenkommend erwiderte Jimmy Carter: „Ich kann ihre Feststellung nicht bestreiten, daß das amerikanische Volk in erster Linie nur eine Seite der Geschichte erfahren hat.“ Vor ausgewählten Medienvertretern umriß Carter die Bedeutung seiner Reise: „Es kann sein, daß das heute eine der seltenen Gelegenheiten ist, die Welt die Wahrheit wissen zu lassen und das serbische Engagement für den Frieden zu erläutern.“ Die versöhnenden Gesten und Worte über die serbischen Imageprobleme dürften die Befürchtungen der bosnischen Regierung, Carter habe sich in eine politische Falle locken lassen, noch verstärken.

Bosnien wird heute auch in Bonn wieder Thema sein: Das Kabinett will einem Einsatz deutscher Tornado-Flugzeuge zustimmen. Die „Gesellschaft für bedrohte Völker“ rief die Bevölkerung unterdessen dazu auf, am Donnerstag um 17 Uhr mit Kerzen vor den Rathäusern ihrer Städte an die in Bihać eingeschlossenen 250.000 Menschen zu erinnern. Seiten 2, 4, 9 und 10