: Bomben auf Grosny
■ Russische Luftwaffe verstärkt Angriffe auf Tschetscheniens Hauptstadt
Grosny/Moskau (Reuter) –
Die russische Luftwaffe hat ihre Angriffe auf die tschetschenische Hauptstadt Grosny intensiviert. Durch die fast ununterbrochenen Bombardierungen am Freitag morgen habe es viele Tote und Verletzte gegeben, sagte ein Militärberater des tschetschenischen Präsidenten Dschochar Dudajew gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax. Die Innenstadt Grosnys sei praktisch zerstört. Augenzeugen zufolge schlugen Bomben und Raketen in Wohnvierteln ein. Inzwischen lägen 200 Häuser in Trümmern.
Bewohner Grosnys berichteten, die russische Luftwaffe habe die ganze Nacht über fast stündlich Angriffe auf Grosny geflogen. Auch das Gebiet nordöstlich der Stadt sei angegriffen worden. Dort sind Stellungen der tschetschenischen Armee. In Grosny wurden am Morgen mindestens drei Leichen aus einem brennenden Gebäude geborgen. Nach Angaben eines ortsansässigen Journalisten wurde das Dach des Parlamentsgebäudes zerstört. Die Nationalbank der nach Unabhängigkeit strebenden Republik stehe in Flammen.
Bereits am Donnerstag hatte die russische Luftwaffe Grosny massiv angegriffen. Dabei kamen mindestens zwanzig Menschen ums Leben. Wie der Pressedienst der russischen Regierung gestern mitteilte, sind seit 11. Dezember, dem Beginn der Militärintervention, 44 russische Soldaten gefallen.
Angesichts der russischen Angriffe hat Dudajew in der Nacht zum Freitag die russische Nachbarrepublik Daghestan um Hilfe gebeten. „Im Namen Allahs rufe ich alle Völker Daghestans auf, sich zu erheben und zu den Waffen zu greifen. Denn das Leid kann auch in euer Haus kommen“, sagte Dudajew im Fernsehen.
Unterdessen hat das russische Abgeordnetenhaus, die Duma, gestern an Präsident Boris Jelzin appelliert, die Kämpfe in Tschetschenien zu beenden und Gespräche mit der Führung in Grosny aufzunehmen. Eine entsprechende Resolution wurde mit 228 zu 38 Stimmen bei drei Enthaltungen angenommen. Als Vorsitzender des Sicherheitsausschusses hatte Victor Illjuschin die Vorlage eingebracht. Siehe Kommentar Seite 10
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