: Ebenso rührend wie selten
■ betr.: „Josef – eine Nebenrolle“ u.a., taz vom 22.12.94
Eine schöne Geschichte in der Weihnachtszeit – ein Märchen vom guten Vater, der endlich von der Neben- in die Hauptrolle schlüpfen will, um die harte gewalttätige patriarchalische Welt vor sich selbst zu befreien! Da muß auf der Frauenseite der taz schon die Bibel herhalten, um ein gewisses Maß an Glaubwürdigkeit zu suggerieren – dabei wissen wir doch alle: würde unsere Welt nach dem Vorbild der Bibel gestaltet, wäre vieles besser.
Wenn Werner Sauerborn die Kinder von den Konflikten seiner Eltern fernhalten will und ihnen heile Welt vorgaukelt, tut er ihnen damit einen Gefallen? In welche unseligen Formationen heute Kinder hineingeboren werden, ist es nicht oft eine Erleichterung für alle, sich von ihnen zu lösen? Es kann heutzutage nicht mehr darum gehen, biologistische Formeln aufzustellen und die leibliche Elternschaft zu preisen. Die Fürsorge, die Verantwortung, die Bewältigung des Alltags stellen höhere Werte für Kinder dar als die ethische Wunschvorstellung „intakte Familie“.
In der Tat braucht es einen entschiedenen „säkularen Werte- und Verhaltenswandel der Väter“, wie Werner Sauerborn es fordert. Aber dies über eine staatliche Zwangsverordnung zu erreichen, scheint doch mehr als aussichtslos. Peggi Liebisch, Königswinter
Der Gesamtkontext mit Bild untermalt: der selbstlose Vater, der fürsorgliche Vater, der engagierte Vater, der selbstkritische Vater, der verantwortungsbewußte Vater, der, den weiblichen Bedürfnissen angepaßte Vater, der neue Vater; und dann – frau bedenke unter der Rubrik „Ladies Almanach“ – auf ein Sechstel Seite, die Frau und Mutter: die egoistische Mutter, die streitbare Mutter, die auf ihre Rechte pochende Mutter, die nie zufriedene Frau und Mutter.
Wann setzt sich die taz mit der Sichtweise der Frauen und Mütter auseinander? Die mit den Kindern leben, die Alltagsverantwortung alleine tragen, die letzte Mark mit ihren Kindern teilen, ihre Berufstätigkeit an die zweite Stelle setzen ... Maria – eine unbeachtete, da selbstverständliche Rolle!
[...] Verschwiegen wurde wieder einmal: daß die Frauen (und auch der VAMV) für das gemeinsame Sorgerecht sind, wenn es beide wünschen, die inhaltliche Ausgestaltung klar ist, eine Kooperationswilligkeit und -fähigkeit auf beiden Seiten vorhanden ist; daß im Gesetzentwurf der SPD und in den Ausführungen der Bundesjustizministerin die Personen, die mit den Kindern leben, berechtigt sind, Rechtsgeschäfte des täglichen Lebens für das Kind abzuschließen beziehungsweise die banalen Tagesabläufe selbständig entscheiden dürfen, aber daß beide nicht sagen, daß dem anderen Elternteil das Recht auf Einmischung in das tägliche Leben mit dem Kind verwehrt wird.
Verschwiegen wurde auch, daß Paare, die zum Wohle ihrer Kinder zusammenarbeiten, bereits heute die Möglichkeit haben, das gemeinsame Sorgerecht zu beantragen; daß das alleinige Sorgerecht nicht bedeutet, daß die Kinder keinen guten und beständigen Kontakt zum anderen Elternteil haben.
Laut hören wir wieder einmal die wenigen Väter, die ganz offensichtlich keine Gesprächsbasis zu den Müttern ihrer Kinder finden können. Daß diese Mütter ihre Kinder vor dem daraus resultierenden Dauerkonflikt bewahren wollen, wird offensichtlich nicht unter dem Stichwort Kindeswohl verbucht. Edith Weiser, Verband alleinstehener Mütter + Väter, Landesverband NRW e.V., Essen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen