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Koloniale Zier und Hoffnung auf Profit

Europäische Rivalitäten in den Bürgerkriegsländern Angola und Ruanda / „Unita“-Rebellen trainieren im französischen Auftrag Ruandas geschlagene Hutu-Soldaten im Guerillakampf  ■ Von Willi Germund

Johannesburg (taz) – Als Mitte 1994 in europäischen Geheimdienstkreisen Pläne der angolanischen Regierung ruchbar wurden, Jonas Savimbi, den Chef der „Unita“-Rebellen, zu ermorden, fackelte John Majors britische Regierung nicht lange. Kurzentschlossen schickte London ein Team der Anti-Terror-Einheit SAS zu Savimbis Schutz. In Südafrika freilich hatte der britische Premier das Nachsehen: Nicht er, sondern Frankreichs Präsident François Mitterrand besuchte als erster europäischer Herrscher Nelson Mandela. Die beiden ehemaligen Kolonialmächte mögen zusammen an einem gemeinsamen Europa basteln – in Afrika verfolgen sie wie eh und je ihren eigenen Interessen vor kolonialem Hintergrund.

Frankreich ist dabei ziemlich skrupellos, was Angola angeht. „Unita“-Offiziere bilden nach der taz vorliegenden Angaben von Hilfsorganisationen unter Finanzierung aus Paris versprengte Reste von Ruandas einstiger Regierungsarmee im Guerillakampf an der Grenze von Zaire aus. Ziel des Trainings: Der Kampf gegen die von den einstigen Rebellen der „Ruandischen Patriotischen Front“ (RPF) dominierten neuen ruandischen Regierung.

Dem von der RPF besiegten alten Regime wird der planmäßige Massenmord an rund einer halben Million Menschen vorgeworfen. „Wir sorgen uns um den frankophonen Raum in Afrika“, beschreibt ein französischer Diplomat in aller Offenheit die fortdauernde Unterstützung aus Paris für die Mörder. Ruanda ist ein Paradebeispiel für die „Dominotheorie der Sprachen“: Das alte Regime, mit engen Verbindungen zu Frankreich und Belgien, sprach Französisch; die neuen Herren der RPF, deren Mitglieder oft bis zu 30 Jahre lang im Exil von Uganda lebten, sprechen überwiegend Englisch – und unterhielten schon früher gute Beziehungen zu Großbritannien und den USA.

Im Falle Südafrikas nutzten Frankreichs Anstrengungen wenig. Das Land kehrte in den britisch geprägten Commonwealth zurück – und entsandte nur eine untergeordnete Delegation zu Mitterrands Afrika-Gipfel in Biarritz. Aber im Fall Angola gibt sich Paris nicht geschlagen: Der französische Erdölkonzern Elf gehört zu den wichtigsten Abnehmern des flüssigen Goldes auf angolanischer Regierungsseite. Hohe „Unita“- Offiziere wurden bereits seit Ende der 70er Jahre in Frankreich ausgebildet, vorzugsweise als Fallschirmjäger.

„Unita“ wiederum ist an internationalen Kontakten interessiert und zu geheimen Hilfsdiensten bereit, weil diese eine Möglichkeit bieten, aus diplomatischer Isolierung auszubrechen. Jonas Savimbi hatte seine Organisation 1992 ins Abseits geführt, als die Freischärler nach ihrer Niederlage bei den ersten Wahlen in der Geschichte des Landes den Bürgerkrieg neu entfachten. Die einstigen Verbündeten USA und Südafrika schlugen sich auf die Seite von Angolas Regierung. Um wenigstens Zaire weiter als wichtigstes Nachschubland nutzen zu können, stellte „Unita“ dem zairischen Diktator Mobutu eine Sondereinheit als Leibgarde zur Verfügung. Aber jetzt wittert „Unita“ wieder Morgenluft, seit die Balladur-Regierung in Paris einen anderen außenpolitischen Kurs als Präsident Mitterrand verfolgt – und seit in den USA der republikanische Rechtsaußen Jesse Helms den außenpolitischen Senatsausschuß führt.

In einer Zeit, in der wirtschaftliche Verbindungen wichtiger als ideologische Lager geworden sind, dient Angola, einst Schauplatz von Afrikas erbitterstem Stellvertreterkrieg zwischen den Supermächten, nun als Arena für das Ringen um Einfluß, weil das Land nicht nur reich an Erdöl und Diamanten ist. Viele andere Bodenschätze, wegen des 20jährigen Bürgerkriegs ungenutzt, warten auf Ausbeutung. Frankreich gehört deshalb zu den Staaten, die nicht nur auf „Unita“-Seite, sondern auch bei der Regierung diplomatisch antichambrieren und massiv mit Entwicklungshilfe einsteigen, obwohl ein Ende des Bürgerkriegs längst noch nicht sicher ist. Die Briten schützen nicht nur Savimbi – sie warten und reparieren auch Militärgerät auf Regierungsseite. Selbst die Deutschen dürfen seit einigen Wochen beim Waffenverkauf an Angolas Regierung mitmischen, nachdem Bonn ein entsprechendes Verbot aufhob.

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