: Raketen auf Moskaus Weißes Haus
■ In Rußlands Hauptstadt wird gefeiert
Moskau (taz) – Ereignisse wie der Krieg in Tschetschenien können einem jedes Fest verderben. Aber manche MoskauerInnen fühlen sich schon durch viel kleinere Läuse bedrückt, die ihnen zum neuen Jahr über die Leber laufen. Moskaus Oberbürgermeister Juri Luschkow nämlich will sich den Verkehr in der Innenstadt vornehmen. In den letzten Tagen wurde bekannt, wie die Moskauer Stadtregierung der Staus Herr werden will– auf Kosten der AutofahrerInnen. Diverse Passierscheinregelungen sind im Gespräch, das begehrte Dokument soll pro Gefährt bis zu umgerechnet 1.500 Mark järlich kosten. Dies ist allerdings noch Zukunftsmusik. Höchst gegenwärtig verschwanden dagegen aus den Straßen jene Lastwagen, von denen herunter Molkereien und Geflügelbetriebe ihre Waren zu günstigen Preisen feilboten. Luschkow befürchtete nämlich, daß es deshalb vor den Feiertagen in den Geschäften daran mangeln könnte.
Die Feiertage selbst erstrecken sich vom kommenden Wochenende bis zum 7. Januar – dem traditionellen Weihnachtsfest der orthodoxen Kirche. Um wenigstens solange die MoskauerInnen Kriegs-, Verkehrs- und Eierprobleme vergessen zu lassen, hat der Magistrat weder Kosten noch Mühen gescheut. Allein der Straßenschmuck in der Innenstadt hat 300 Millionen Rubel gekostet. Das Weiße Haus soll in dieser Periode wieder einmal unter Beschuß stehen. Täglich wird es dort krachen, im Zeichen der Pyrotechnik. Dies geschieht auf Weisung von Ministerpräsident Tschernomyrdin persönlich, der den Fabriken des militärisch-industriellen Komplexes mit Feuerwerk zu neuen Perspektiven verhilft.
Mit größter Spannung erwarten die BürgerInnen auch Festungen, Berge und Märchenfiguren aus Schnee und Eis, die bewährte Künstler gemäß alter Tradition der orthodoxen Fastenzeit bereits an verschiedenen Punkten der Stadt errichten. Halten sollen diese bis Aschermittwoch. Schade nur, daß sich die Temperaturen gerade von knackigen 25 Grad minus auf den Nullpunkt zubewegen. Die russischen Männer werden sich deshalb wohler fühlen können. Eines richtigen Russen ist es nämlich auch bei größter Kälte unwürdig, die Ohrenklappen seiner Mütze herunterzulassen. Wenn die Schneeburg schmilzt, hat die Männlichkeit einen leichteren Stand. Barbara Kerneck
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