piwik no script img

Beginn einer Kraftprobe in Bangladesch

■ Der Machtkampf zwischen Premierministerin Khaleda Zia und Oppositionsführerin Sheikh Hasina findet jetzt per Generalstreik auf der Straße statt

Dhaka/Berlin (dpa/taz) – Noch nie in der 23jährigen Geschichte Bangladeschs hat eine zivile Regierung ihre Amtsperiode ohne Störung durch das Militär zu Ende führen können. Die gegenwärtige Regierung der Begum Khaleda Zia und ihrer „Bangladesh Nationalist Party“ (BNP) verspricht da keine Ausnahme zu werden. Denn die Opposition hat jetzt eine Kampagne aufeinanderfolgender Generalstreiks begonnen, um die Regierung zu stürzen. Ein erster achtstündiger Generalstreik legte gestern die meisten Städte des 115-Millionen-Einwohner-Landes lahm; weitere sollen folgen. Beobachter rechneten mit der Verhängung des Notstands.

Am Vortag hatten alle 151 Oppositionsabgeordneten im 330köpfigen Parlament ihre Ämter niedergelegt. Schon seit März praktiziert die Opposition, angeführt von Sheikh Hasina und ihrer „Awami League“, einen Parlamentsboykott, da ihrer Meinung nach die BNP im Februar eine Nachwahl durch Betrug gewonnen hatte. Sheikh Hasina ist auch der Meinung, Zia habe die freien Wahlen von 1991, die der Militärdiktatur von General Ershad ein Ende setzten, durch Betrug gewonnen.

Hasina fordert daher die Einsetzung einer „neutralen Übergangsregierung“, um vorgezogene Neuwahlen vorzubereiten. Khaleda Zia hält dies für verfassungswidrig und weist darauf hin, daß der Rücktritt einer gewählten Regierung zugunsten einer nichtgewählten kaum als demokratischer Fortschritt gelten könnte. Die Positionen beider Seiten haben sich seit März immer weiter verhärtet. Ein von der Commonwealth entsandter Vermittler, Sir Ninian Stephen, schmiß die Klamotten am 21. November entnervt hin und erklärte: „Es macht keinen Sinn, länger in Dhaka zu bleiben.“ Seitdem hoffen die diversen Oppositionsparteien, zu denen auch die Islamisten zählen, auf die Macht der Straße, um die nach Sheikh Hasina „korrupteste, ineffizienteste und unpopulärste Regierung“ in der Geschichte des Landes zu kippen. Die Regierung ihrerseits hat erklärt, sie werde nun gemäß der Verfassung innerhalb von 90 Tagen Nachwahlen für die 153 vakant gewordenen Parlamentssitze abhalten. Da die Opposition diese wohl boykottieren wird, scheint weitere Eskalation unvermeidbar.

Der politische Konflikt im überwiegend islamischen Bangladesch ist bemerkenswert dafür, daß er von zwei Frauen geführt wird. Khaleda Zia, Witwe eines toten Expräsidenten, und Sheikh Hasina, Tochter des ersten Präsidenten Bangladeschs, kämpften bis 1991 gemeinsam gegen die Militärdiktatur. Nun aber scheint ihre persönliche Rivalität die Politik Bangladeschs zu bestimmen. D.J.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen