: Ein bißchen weniger Sprit im Tank
■ 1994 ging der Benzinverbrauch leicht zurück / Esso beklagt Mineralölsteuererhöhung / Mehr Diesel und Flugbenzin wurden nachgefragt
Hamburg (AP/dpa/taz) – Die gute Nachricht zum Anfang: Offenbar ist der Benzinabsatz 1994 ein bißchen gesunken. Nach vorläufigen Berechnungen der Esso AG verbrauchten die EinwohnerInnen Deutschlands im letzten Jahr erstmals seit der Ölpreiskrise 1980/81 weniger Sprit als im Vorjahr. Die Nachfrage sei um mehr als vier Prozent auf 30,2 Millionen Tonnen zurückgegangen, jammerten die Esso-Manager am Silvestertag.
Als Ursache nennen sie an erster Stelle die „drastische Mineralölsteuererhöhung Anfang 1994“. Um 16 Pfennig sprang der Literpreis vor einem Jahr nach oben, weil Finanzminister Theo Waigel damit ein Loch in seiner Kasse stopfen wollte.
Die Hälfte des Rückgangs führt Esso darauf zurück, daß wegen der bevorstehenden Benzinverteuerung rund 0,2 Millionen Tonnen noch im Dezember 1993 getankt und mehr als 0,4 Millionen Tonnen durch „Tanktourismus“ im benachbarten Ausland mit niedrigeren Benzinpreisen bezogen worden seien. Die andere Hälfte von knapp 0,7 Millionen Tonnen sei dagegen auf Konsumverzicht zurückzuführen.
Auch wenn der Verzicht auf Autofahrten sich in bescheidenem Rahmen hält, so zeigt sich doch die Wirksamkeit von Mineralölsteuererhöhungen. Allerdings wird erst eine drastische Verteuerung zu einer massiven Entlastung der Umwelt führen. Denn inflationsbereinigt ist der Benzinpreis im Vergleich zu den 50er Jahren nach wie vor spottbillig, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ausgerechnet hat – wohl auch ein Grund, warum die Menge der zugelassenen Autos wächst und wächst. Der gesamte Mineralölverbrauch in Deutschland verringerte sich Esso zufolge im Jahr 1994 um über zwei Millionen Tonnen oder 1,6 Prozent auf 125,7 Millionen Tonnen.
Während neben Benzin auch weniger Heizöl verkauft wurde, gab es Zuwächse bei Diesel, wo immerhin auch eine Steuererhöhung von 7 Pfennig anstand, und Flugkraftstoff. Die Nachfrage nach Dieselkraftstoff stieg nach Angaben von Esso weiter, und zwar um 1,7 Prozent auf 25,5 Millionen Tonnen. Konsumsteigernd hätten vor allem der unverändert rege Güterverkehr in und durch Deutschland sowie die gute Baukonjunktur in Ostdeutschland gewirkt.
Auch beim steuerfreien Flugbenzin machte das Unternehmen einen Aufwärtstrend aus. Der Tourismusboom und der im Aufwind befindliche Linien- und Frachtverkehr hätten zu einer Absatzsteigerung von etwa sieben Prozent auf rund sechs Millionen Tonnen geführt. Schade fürs Klima.
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