Aus deutscher Sicht

■ Von deutschen Brillen und Fernost-Importen / Eine seltsame Anzeige

Berlin (taz) – Was bitte ist eine „rein deutsche“ Brille? Mit einer doppelseitigen Anzeige in Focus 52/1994 wendete sich der schwäbische Brillenhersteller Metzler Optik Partner AG an „unsere Partner, die Augenoptiker“. Die in Form eines Geschäftsbriefes gehaltene Endjahresreklame enthält neben den üblichen guten Wünschen in Sachen Konjunktur auch den „Dank an unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im ausschließlich mitteleuropäischen Raum“. Außerdem ging die Anzeige auf die „mitteleuropäische Qualität“ der Brillengestelle des „rein deutschen Unternehmens“ Metzler (Marken: Longines, Mondi, Marc O'Polo) ein.

Auf Nachfrage gibt Metzler- Vorstand Jürgen F. Heinz immerhin zu, daß „rein deutsch nicht unbedingte der glücklichste Ausdruck“ sei. „Rein deutsch“ sei „auch nicht negativ gemeint“. Denn: „Der Optiker versteht das – der hat heutzutage doch 60 Prozent Korea-Fassungen im Laden.“ Metzler, so der Manager, sei die einzige deutsche Brillenfirma, die noch zur Hälfte in Deutschland produziere (die andere Hälfte in Tschechien).

Alle anderen hiesigen Firmen seien völlig auf das Ausland, zumeist den fernen Osten, ausgewichen. Und dann erklärt Heinz noch mal die Qualitätsabstufung bei Brillengestellen: „An erster Stelle steht deutsche Qualität, dann mitteleuropäische, gefolgt von Fernost.“

Natürlich schließt die Brief-Anzeige der Firma Metzler auch auf „rein deutsche“ Art. Ganz ohne Anleihen aus anderen Sprachen. Statt Postscriptum steht da vor dem letzten Satz das heutzutage völlig ungebräuchliche Kürzel NS. NS? Das soll natürlich Nachsatz heißen. kotte