piwik no script img

■ Schirm & ChiffreMit S6us und Br6us ins Internet

Nach unseren Feldforschungen in der regionalen Berliner Netzkultur werden wir jetzt in globale Dimensionen vorstoßen. Ja, auch von unserer schönen Hauptstadt aus eröffnet sich der Zugang zum größten, weltumspannenden Computernetz, dem Internet. Der Ursprung des Internet ist – wie der so vieler praktischer Dinge (ich erinnere hier nur an Trenchcoat und Teflonpfanne) – militärischer Natur. Ende der sechziger Jahre verkabelte die US-Armee ihre Rechner zu einem Kommunikationsnetz. Später klinkten sich Universitäten und EDV-Unternehmen in den Verbund ein. Das Netz wuchs und wuchs. Heute tummeln sich rund 30 Millionen Menschen in dem elektronischen Geflecht.

Dabei ist das Internet alles andere als eine systematisch geplante Anlage. Es funktioniert als ein chaotisches System von Millionen einzelnen Maschinen vom PC bis zum Supercomputer, die über Telefon-, Datenleitungen und Satelliten miteinander verbunden sind. Längst beschränkt sich der Nutzerkreis nicht mehr auf Institutionen und Firmen. Jeden Monat drängen Hunderttausende von neuen privaten Computer-Usern ins Netz.

In den Staaten gilt es mittlerweile als besonders apart, auf der Visitenkarte auch eine Internet- Adresse stehen zu haben. Ein Büchlein listet minutiös die „E-Mail Addresses of the Rich and Famous“ auf. Bill Clinton zum Beispiel läßt sich unter „president 6 whitehouse.gov“ anmailen, wer's lieber mit Butthead hält, der schreibe an „butthead 6 mtv.com“.

Soviel zu den Celebrities – jetzt aber zurück nach Berlin. Zwei Breitbandleitungen verbinden die Stadt mit dem Rest der Welt. Über einen direkten Zugang zu diesen Leitungen verfügen unter anderem die Universitäten. Haben Sie mithin das Glück, StudentIn zu sein, so können Sie problemlos und außerdem kostenfrei ins Internet einsteigen.

An der Zentraleinrichtung für Datenverarbeitung der FU (Zedat) haben mittlerweile Tausende Uni-Leute eine Zugangsberechtigung („account“) zum Zedat-Internet-Rechner „Fub46“. Über die Uni-Terminals oder über den eigenen PC zu Hause (der via Modem mit dem Fub46 verbunden ist) können Sie in den Weiten des Internet herumreisen. Manche schreiben E-Mail-Liebesbriefe an einen Gastprofessor aus Berkeley. Andere treffen sich mit Usern aus Japan und Australien, um bei computergestützten Pilotenspielen cosmopolit um die Wette zu fliegen. Das wirklich Großartige jedoch ist, daß das Netz als eine gigantische virtuelle Bibliothek funktioniert. Mühelos kann man vom Terminal aus in den Beständen der Washingtoner Kongreßbibliothek blättern, man kann sich NASA-Satellitenfotos auf den Schirm holen oder im Net-Group- File „rec.food.sourdough“ alles Wissenswerte über die Herstellung von Sauerteig lesen. Nur das Brot muß man noch selber backen. Aber das kriegen wir auch noch hin ...

P.S.: Was Bill Clinton recht ist, kann uns nur billig sein: Die taz- Internet-Adresse: briefe 6 taz.de. Martin Muser

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen