: Der Osten entsorgt den Osten
■ Der Verein Kubus recycelt Waschmaschinen, Möbel, alte Kleider und Elektroschrott / Viele MitarbeiterInnen kommen aus abgewickelten Ostbetrieben
Wo früher Jacken, Hosen, Röcke und Mäntel hergestellt wurden, werden heute die Hinterlassenschaften der DDR entsorgt. In den ehemaligen Werkhallen des VEB Berlin-Konfektion, eines der größten Textilfabrikanten der DDR, sitzt seit 1993 Kubus e.V. und recycelt Elektroschrott, Möbel, Alttextilien und seit kurzem auch Waschmaschinen. Kubus steht für Kultur, Umwelt, Bildung und Sprache und hat in den letzten vier Jahren eine ganze Reihe von Projekten auf ABM-Basis durchgeführt.
In der Greifswalder Straße im Ostteil der Stadt beschäftigt der Verein nun rund 100 ABM-Kräfte aus den Bezirken Prenzlauer Berg, Pankow und Weißensee, die alte Radios auseinanderschrauben, Schränke wieder zusammenkleben, Mäntel flicken. Viele von ihnen haben früher im Werk für Fernsehelektronik, bei Stern-Radio, bei TT-Bahnen und ähnlichen mittlerweile abgewickelten Ost- Unternehmen gearbeitet.Bei Kubus können sie jetzt für ABM- Kohle wieder auseinandernehmen, was sie früher zusammengebaut haben.
Und das ist eine ganze Menge. Neben privaten Haushalten melden sich vor allem Schulen, Unis und andere öffentliche Einrichtungen, um Elektroschrott und Möbel fachgerecht entsorgen zu lassen. Sogar ausrangiertes NVA-Material hat der Verein schon demontiert.
Dabei versteht sich das Projekt nicht nur als Beschäftigungsgesellschaft, sondern verfolgt auch ökologische und soziale Ziele. Der anfallende Schrott wird nach Möglichkeit repariert und zu sehr günstigen Preisen an Bedürftige abgegeben. Meist sind das Aussiedler oder Knackis, die nach ihrer Entlassung auf Sozialhilfe sind und sich erst einmal billig eine Wohnungseinrichtung besorgen müssen. Außerdem wird ein Teil der wieder in Ordnung gebrachten Alttextilien an ein Hilfsprojekt im Kaliningrader Gebiet in Rußland geschickt; unterstützt wird Kubus dabei vom Land Brandenburg.
In Kürze soll auch ein Laden eröffnet werden, in dem Studenten, Arbeitslose, Sozialhilfeempfänger und Rentner gebrauchte Möbel, Waschmaschinen und Elektrogeräte kaufen können. Eine Konkurrenz für die zahlreichen Second- hand-Läden Berlins sieht Christiane Mahbub, Geschäftsführerin des Vereins, darin nicht: „Die Arbeit, die wir hier reinstecken, würde sich für Gebrauchtwarenhändler überhaupt nicht rechnen. Wir müssen eher aufpassen, daß die sich hier nicht einschleichen und uns das ganze Lager wegkaufen.“ Was nicht mehr zu reparieren ist, wird fachgerecht zerlegt. Schadstoffe werden umweltfreundlich entsorgt, Bunt- und Edelmetalle werden wiederverwertet. Von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umweltschutz sowie von der Berliner Straßenreinigung unterstützt, sieht der Verein in diesem Modell der Müllbeseitigung eine Perspektive. Für die Zukunft sind weitere Projekte in Planung. So sollen zum Beispiel Spielzeug aus alten Möbeln gebaut, eine Vermittlung für Öko- Praktika und ein eigenes Workcamp eingerichtet werden. Matthias Bernt
Wer alte Waschmaschinen, Elektrogeräte, Möbel oder Kleidungsstücke abzugeben hat oder erwerben will, kann sich montags bis freitags von 8-12 Uhr in der Greifswalder Straße 212 (Tel. 4228-8292) melden.
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