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200 Meter laufen?

■ Wie der MDR in Magdeburg versucht, für sein Fernsehteam beim Landtag einen privilegierten Parkplatz zu bekommen

Dem Direktor des MDR-Landesfunkhauses Magdeburg, Ralf Reck, war es zwar „unangenehm, daß ich mich wegen einer solchen Banalität an den Präsidenten persönlich wenden muß“, aber offenbar gehe es nicht anders. Vermutlich tatsächlich nicht, denn Reck verlangte von seinem CDU-Parteifreund, Landtagspräsident Klaus Keitel, eine öffentlich-rechtliche Vorzugsbehandlung. Dem MDR-Fernsehteam solle umgehend ein fester Parkplatz im Innenhof des Landtagsgebäudes oder in unmittelbarer Nähe des Einganges zugewiesen werden. „Sollte dies nicht möglich sein“, so drohte Reck, „würde ich Probleme in der Fernsehberichterstattung aus dem Landtag auf uns zukommen sehen.“

Hintergrund des Briefes von Reck an Keitel ist eine tatsächlich angespannte Parkplatzsituation unmittelbar am Landtagsgebäude. Wer dort ohne Sondergenehmigung parkt, wird von den städtischen Politessen gnadenlos mit einem Knöllchen bedacht. Und eine derartige Sondergenehmigung bekamen bislang nur die Abgeordneten des Landtages. Journalisten nahmen deshalb entweder 200 Meter Fußweg oder einen Strafzettel in Kauf. Die Fernsehteams des MDR wollen künftig weder das eine noch das andere hinnehmen. Denn, so Reck in seinem Brief an Keitel, die Teams müssen die Strafzettel aus der eigenen Tasche zahlen.

Keitel reagierte gelassen. Der Landtag habe auch künftig keine Bedenken dagegen, „daß Fahrzeuge der elektronischen Medien zum Ent- und Beladen vor dem Eingang zum Landtagsgebäude halten und die Fahrzeuge für die Dauer der journalistischen Tätigkeit im Landtagsgebäude in der Fürstenwallstraße geparkt werden“. Das ist der etwa 200 Meter entfernte Parkplatz, auf dem auch Journalisten mit Presseschild hinter der Windschutzscheibe ihre Blechkisten knöllchenfrei abstellen dürfen. 200 Meter Fußweg – unzumutbar für öffentlich-rechtliche Berichterstatter?

Die Schaffung zusätzlicher Parkplätze direkt vor dem Landtag jedenfalls, so schreibt der Landtagspräsident, liege gar nicht in seinem Machtbereich. Dafür ist die Stadt Magdeburg zuständig. Und die knausert mit entsprechenden Flächen. Schließlich liegt unmittelbar vor dem Parlamentsgebäude der denkmalgeschützte Domplatz, unter dem noch die Fundamente des mittelalterlichen Domes und der Kaiserpfalz liegen, die dereinst als touristische Attraktion freigelegt werden sollen. Im übrigen: Bei der Verbesserung der Parkplatzsituation sehe er sich verpflichtet, den Interessen allerRedaktionen Rechnung zu tragen.

Neben dem Hinweis auf die Gleichbehandlung der Medien konnte sich der Landtagspräsident auch nicht verkneifen, noch einmal zurückzukommen auf „Ihre nur mühsam verhohlene Drohung, die Berichterstattung aus dem Landtagsgebäude nicht mehr sichern zu können“. Im Kontext zum Programmauftrag des MDR nach § 6 des Staatsvertrages „kann ich kein Verständnis für eine derartige Einlassung aufbringen“, so Keitel weiter. „Im übrigen muß ich diese Bemerkung als gegenüber einem Landesparlament insgesamt nicht angemessen zurückweisen.“

Gespannt wartet jetzt nicht nur die Landtagsverwaltung darauf, ob bei der nächsten Sitzung des Parlaments die eigens für den MDR im Plenarsaal installierten Fernsehscheinwerfer dunkel bleiben. Immerhin fände dann die Vereidigung des neuen Wirtschaftministers von Sachsen-Anhalt, Klaus Schucht, ohne Berichterstattung des regionalen Fernsehens statt. Eberhard Löblich

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