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Nigeria: Regimegegner vor Sondergericht

■ Prozeß gegen Ken Saro-Wiwa

Port Harcourt/Berlin (AFP/taz) Unter dem Schutz von mehr als 300 Polizisten und Soldaten hat gestern in der Hafenstadt Port Harcourt im Südosten Nigerias der Prozeß gegen den nigerianischen Oppositionsführer Ken Saro- Wiwa und mehrere seiner Mitstreiter begonnen. Saro-Wiwa, Schriftsteller, Führer einer Autonomiebewegung des südostnigerianischen Ogoni-Volkes (Mosop) und Träger des Alternativen Nobelpreises 1994, soll wegen Mordes angeklagt werden; das eigens für den Prozeß gegen einen der prominentesten Dissidenten Nigerias eingerichtete Sondertribunal will damit den ungeklärten gewaltsamen Tod von vier Ogoni-Stammesführern im Mai 1994 ahnden, den die Mosop-Bewegung allerdings dem Militär anlastet. Der Vorfall hängt mit den Versuchen der nigerianischen Militärregierungen zusammen, die Proteste der Ogoni-Minderheit gegen ungehemmte Ölförderung im ihrem Siedlungsgebiet zu unterdrücken, die seit 1993 1.800 Menschenleben gefordert haben. Das Vorgehen des Militärs gegen die Ogoni gilt der nigerianischen Demokratiebewegung als Testfall für die Entwicklung Nigerias. Der Schriftsteller Wole Soyinka nannte in einem auch von der taz veröffentlichten Aufsatz (taz, 23. 11. 94) die Ogoni „Versuchskaninchen“ der Militärdiktatoren.

Der gestrige Prozeß gegen Saro- Wiwa wurde gleich zu Beginn auf Antrag der Anklage vertagt; mit einer Wiederaufnahme wird für Anfang Februar gerechnet. Prozeßbeobachter, wie sie mehrere ausländische Bürgerrechts- und Schriftstellervereinigungen entsenden wollten, waren nicht zugelassen. Kleinere Proteste in Port Harcourt wurden vom Militär sofort unterdrückt. Demonstrationen für Saro-Wiwa gab es auch vor der nigerianischen Botschaft in London sowie in den USA, wo Solidaritätsgruppen den gestrigen Bürgerrechtsgedenktag „Martin Luther King Day“ zu Aktionen gegen die Militärdiktatur in Nigeria nutzten. D.J.

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