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Press-Schlag„Wieso zwölf?“

■ In der Sache DTTB versus Vereine regt Roßkopf Liga-Verkleinerung an

Für einmal sah man seine Zunge nicht den linken Backenrand ausbeulen. Und dennoch war Jörg Roßkopf angespannt und konzentriert wie an der Platte, als er ansatzlos ausholte und plaziert traf. „Ich finde“, sagte Deutschlands bester und bekanntester Tischtennisspieler, „daß das sehr schlechter Stil ist.“

Das hat Karl Kamps, den Manager von Super Donic Berlin, noch ein bißchen blasser aussehen lassen als gewöhnlich. Zu antworten hatte er nichts mehr darauf. Was wäre zu sagen gewesen? Daß Tischtennis nicht gerade von medialer Aufmerksamkeit verwöhnt ist, und daß darum nach der „Wortspielerei“ Roßkopfs, er könne durchaus eines Tages den Verein wechseln, ein „Angebot“ des Berliner Liga-Emporkömmlings Tage durch die Medienlandschaft hüpfte? Ohne daß tatsächlich eins erfolgte? Der Anrufbeantworter im Hause Roßkopf war jedenfalls an, und es fand sich „irgend etwas draufgesprochen“, sagt der Düsseldorfer, „mehr aber auch nicht“.

Der Mann ist tatsächlich moralisch empört, weil er sich mißbraucht fühlt und hat darum im freitäglichen Pokalhalbfinale schon eine „persönliche Antwort“ (Roßkopf) gegeben, seine Einzel gegen Torben Wosik und auch den Ex-Weltmeister Jörgen Persson kurz und bündig gewonnen und so den Düsseldorfer 4:3-Erfolg möglich gemacht. Und danach hat er noch einmal klargemacht, wie gerne er beim „bestgeführten deutschen Verein“ (Roßkopf) spielt, und was für „schlechte Karten“ nun, selbst im unwahrscheinlichen Falle eines Wechsels, die Berliner haben.

Was der 25jährige allerdings nicht in Betracht ziehen will, ist sein Anteil an der Geschichte. Relativ ungefragt hatte er einen Wechsel (ins Ausland) angedroht. In Berlin hat er nun gesagt, er sei „der letzte, der ins Ausland gehen würde“, und es ist ziemlich sicher, daß das die Wahrheit sein wird. Alles, was der wichtigste Tischtennisspieler des Landes wollte, war, „den Verantwortlichen die Augen zu öffnen“. Es geht um den Streit zwischen dem Deutschen Tischtennis-Bund (DTTB) hier und den Vereinen der Bundesliga dort, und darum, daß der Anteil letzterer am Kuchen, der eh so groß nicht ist, denen zu klein zum langfristigen Überleben scheint. „Macht und Geld“ (Ligasprecher Kamps) fordern sie beim Verband ein, der seinerseits nichts zu verschenken hat. Das Problem der Nationalspieler, deren Sprecher qua Ausnahmestellung Jörg Roßkopf ist: Sollte der Streit doch eskalieren, gerieten sie zum „Faustpfand“ (Ligasprecher Kamps), allerdings beider Seiten und wären damit am Ende Verlierer wie womöglich alle.

Der DTTB wird, auch wenn er das ansatzweise andeutet, sie nicht bezahlen können wie die Vereine, doch brauchen sie andererseits die nationalen Einsätze, um Erfolg und Renommee in Sponsorenverträge umwandeln zu können. Das weiß Jörg Roßkopf, und darum, das hat er deutlich gemacht, wird er Einsicht der „Verantwortlichen“ (Roßkopf) einfordern, da ihm dies nötig scheint in diesen Tagen, in denen der DTTB bis Monatsende eine Erklärung der Vereine will, die ihrerseits auf eine „deutliche Bewegung“ (Kamps) des Verbands drängen. „Es ist nicht so“, sagt Roßkopf, „daß ich den Pokal abschaffen kann oder den European Nations Cup.“ Andererseits stehen, sagt er, „die Funktionäre nicht an der Platte“, er schon. Und solches allzuoft, wie alle Nationalspieler, so daß die immer häufiger entweder verletzt sind oder überspielt. Oder beides.

Europa- und Weltmeister ist er längst, nun reizt den Mann noch eins: der Olympiasieg 1996. Nun ist Roßkopf ein kooperativer Mensch, doch erwiesenermaßen auch erfolgsbesessen. Auch wenn er das für gewöhnlich nicht heraushängen läßt, weiß er, daß sich im nationalen Bereich nicht alles, aber einiges nach ihm zu richten hat. Also? Muß man aufpassen, auch wenn er im Plural spricht und behauptet: „Wir möchten nur Anregungen geben.“ Welche? Anregung eins: „Beide Parteien sollten sich zusammensetzen.“ Anregung zwei: „Wieso“, fragt Roßkopf, „macht man eine Zwölferliga?“ Weniger Vereine hieße weniger Termine, mehr Zeit für Vorbereitung und Nationalmannschaft, Qualitätssteigerung der Liga, die derzeit eh gerade sieben niveauvolle Teams hat – und für jeden der Überbleibenden womöglich ein größeres Kuchenstück. „Es ist nicht so“, sagt Jörg Roßkopf, „daß ich die Bundesliga von zwölf auf acht Vereine verringern kann.“ Das nicht. Aber nachdenken werden andere darüber dürfen. Peter Unfried

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