piwik no script img

Dem Eid abgeschworen

■ Kein öffentliches Rekrutengelöbnis in Berlin Bundeswehr zieht sich in die Kaserne zurück

Berlin (taz) – Die erste öffentliche Rekrutenvereidigung der Bundeswehr in Berlin ist geplatzt. Geplant war eigentlich, die Jungsoldaten im Mai mit Pomp und Gloria vor dem Brandenburger Tor respektive auf dem Gendarmenmarkt zu vereidigen. Doch daraus wird nun nichts. Statt dessen zieht sich die Bundeswehr in die Kaserne zurück. Zur Begründung hieß es gestern, für eine Feier auf öffentlichen Plätzen hätte eine eindeutige Einladung von seiten der Politik vorliegen müssen. Derart gescholten, versuchte der Berliner Senat gestern abzuwiegeln: Die Rekrutenvereidigung sei allein Sache der Bundeswehr, sagte ein Sprecher.

Dieser Ansicht war man in der Hauptstadt nicht immer. Erst vorgestern noch hatte sich der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) für ein öffentliches Rekrutengelöbnis ausgesprochen. Etwaige Sicherheitsbedenken stritt er entschieden ab. Auch Ex-Verteidigungsminister Rupert Scholz (CDU) hatte sich enthusiastisch für eine Vereidigung am Pariser Platz ausgesprochen. So viel Militärbegeisterung stieß bei der Berliner Opposition und antimilitaristischen Initiativen auf wenig Gegenliebe. Die Berliner „Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär“, die seit der Wende immer wieder die Rekrutenzüge der Bundeswehr blockiert, kündigte Protest- und Störaktionen für jede Vereidigung an, die außerhalb der Kasernen stattfände. Anders als beim Großen Zapfenstreich anläßlich der Verabschiedung der Alliierten konnten sich die Demonstrationswilligen diesmal auch auf die Bündnisgrünen verlassen. „Eine Militarisierung des öffentlichen Raums wird es mit uns nicht geben“, gab sich der grüne Abgeordnete Wolfgang Wieland kämpferisch.

Die Bundeswehr plant unterdessen eine öffentliche Vereidigung auf Sparflamme. In der Julius-Leber-Kaserne im Berliner Stadtbezirk Wedding denke man, so verlautete gestern, an einen mit dem Gelöbnis verbundenen Tag der offenen Tür. Uwe Rada Seite 21

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen