: Sexistische Werbung
■ betr.: „Gurke des Tages“, taz vom 24.1.95, „Sturm im Wasserglas“ (Interview mit Sibyll Klotz zum Boykott von „Expresso“), taz vom 25.1.95
Liebe IgnorantInnen in und um die taz, ja es stimmt, die taz ist total witzig und geistreich – und nicht nur ihre Redakteure haben einen tollen Humor, auch Redakteurinnen wie Jeannette Goddar geben sich gerne witzig. Frauen sollten wirklich nicht so humorlos auf flächendeckende sexistische Werbung reagieren. Eine „angemessene Reaktion“ gegen die frauenfeindliche Gewalt dieser Plakate von „Expresso“ sind witzige erigierte Männerschwänze und das natürlich nur in der taz, „um das Ganze nicht zu hoch zu hängen“ beziehungsweise die Sache innerhalb eines beschränkten Publikums abzuhandeln.
Was Eure Sprache betrifft, wäre es viel lustiger, auf die wenigen sich in Eure Zeitung verirrenden „großen Is“ zu verzichten, damit MenschenrechtlerInnen wieder Menschenrechtler werden und Ingrid Stahmer Spitzenkandidat und Konkurrent werden kann.
Und wenn dann wieder ein Frauenforscher sagen sollte, daß es in der taz sexistische Tendenzen gäbe, dann haltet einfach witzige (vielleicht sogar eigene) Männerschwänze dagegen und lacht ausgiebig. Viel Spaß.
Apropos Konkurrenz: Was haltet Ihr von einem neuen Abonnentengeschenk „endlich eine sexistische Tasse“; Abonnentinnen könnten wahlweise ihre Kaffee auch aus einer Tasse mit einem witzigen – erigierten – Männer-Schwanz-Aufdruck trinken. Nicole Jackle
Da haben Sie es der überparteilichen Fraueninitiative aber gegeben! Regen sich die Frauen doch über die unsägliche Plakatkampagne von Radio Hundert,6 und Kaiser's („...damit Sie wissen, was morgens im Busch ist“ und so weiter) auf, als ob es für Abgeordnete und Senatorinnen keine dringenderen Anliegen gäbe. Ich weiß nicht, wie es um ihre Reizschwelle beim Anblick sexistischer und gewaltverherrlichender Werbung bestellt ist. Meine hängt ziemlich niedrig, und dabei stören mich nicht nur einschlägig kommentierte weibliche Unterkörper, sondern ebenso Kickboxer (zum Thema „politischer Rücktritt“) sowie die Tatsache, daß ich bereits morgens auf dem S-Bahnsteig in einen Pistolenlauf blicken muß. Diese beiden Plakate assoziieren in unerträglicher Weise Politik mit Gewalt.
Ich bin bisher eigentlich davon ausgegangen, daß die Auseinandersetzung mit gewaltförmigen, undemokratischen und unzivilisierten Politikformen zu den Anliegen gerade der taz gehört. Und im übrigen sind erigierte Männerschwänze im Blättchen nicht a priori witzig, sondern vor allem Geschmacksache. Kerstin Herbst
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