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Ruhe in Leos Hinterhof

■ Der Ärger um Nürnberger und Münchener Lokal-TV ist vorerst beigelegt. Dank grüner Fürsprache kein Lizenzentzug

Über die Grünen und ihre Koalitionslust kann man sich manchmal nur wundern. Ein Beispiel, diesmal aus Bayern: Im Medienrat der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) setzte sich am Donnerstag der grüne Landtagsabgeordnete Claus Haupt vehement für den Erlanger Fernsehunternehmer Dietmar Straube ein. Dort mußte nämlich das CSU- Mitglied, Chef der Franken Funk und Fernsehen GmbH (FFF), gerade deftige Prügel einstecken. Anlaß: die nicht genehmigte und geheimgehaltene Kapitalbeteiligung der US-Investmentfirma Central European Media Enterprises Group (CME) an seiner Firma, von immerhin 50 Prozent.

Weil Straube bei der Lizenzerteilung für das Nürnberger Ballungsraumfernsehen im Februar 1994 die Verbindung zu den Amerikanern und seine klamme wirtschaftliche Situation verschwiegen hatte, warfen ihm die Medienräte „Vertrauensbruch“ vor – und wegen Straubes irreführender Presseerklärungen auch noch „Desavouierung des Medienrats“. Er hatte nämlich die Beteiligung der Amerikaner nur dem Präsidenten der Medienanstalt persönlich mitgeteilt, ihn um Geheimhaltung gebeten – und später dann behauptet, er habe den Medienrat ja informiert.

Fest steht: Die Medienanstalt wurde erst im Dezember offiziell von der angeblich „stillen, nicht stimmberechtigten Beteiligung“ der Amerikaner (Vertragsdatum: 19.4.94) informiert, nachdem der Spiegel Vertragsdetails enthüllt hatte.

Fraglos setzte der Dr. med. mit seiner Jongliererei die Antennen- Lizenz seines Nürnberger Senders aufs Spiel. Vor allem fühlten sich die Medienräte irregeführt, weil der Vertrag ihm als Geschäftsführer nur noch so wenig Spielraum ließ, daß er „ohne die Zustimmung der Amerikaner allenfalls über die Farbe seines Autos entscheiden durfte“ (eine Medienrätin).

Dennoch plädierte Grünenvertreter Claus Haupt dafür, die inzwischen deutlich veränderten Verträge zwischen Straube und der CME nachträglich zu legalisieren – natürlich nicht, ohne das Verhalten des TV-Managers zu „mißbilligen“. Haupt denke: Wenn Straube seine Lizenz verlöre, komme womöglich der Nürnberger Telefonbuchverleger und Lokalradio-Multi Gunter Oschmann zum Zuge, hinter dem Haupt Leo Kirch als Finanzier wähnt.

Ultimatum für Franken Fernsehen bis 18. Mai

Doch das grüne Bitten und Betteln für den Ballungsraum-Pionier war nur halb erfolgreich. Mit großer Mehrheit stimmten die Medienräte dafür, ihm eine Frist zu setzen. Mitte des Jahres endet nämlich ohnehin Straubes Lizenz für sein zweites Standbein neben dem Ballungsraumfernsehen: ein Regionalfenster im nationalen Programm von RTL. Bis dahin muß er seine „wirtschaftlich nicht tragfähige“ Gesellschaft mit starken bayerischen Partnern aufpeppen. Schafft er das, hat er durchaus auch eine Chance auf eine zweite Lizenz.

Doch dann kam der dicke Haken: Bis zum Stichtag 18. Mai muß Straube die für das Regionalfenster gefundene „Neuordnung“ auch auf sein Ballungsraumfernsehen FFF, das über Antenne zu empfangen ist, übertragen. Andernfalls droht ihm sogar der Widerruf der Lizenz. In jedem Fall ist es mit dem Traum vom unabhängigen kleinen Kirch aus. Mehrere Unternehmen, darunter auch die Fürther Quelle Schickedanz GmbH, haben bereits Interesse bekundet, in das Geschäft einzusteigen, erläuterte BLM-Präsident Wolf-Dieter Ring.

Der Grund für die Milde der Strafaktion: Mit sehr guten Noten bei den Kritikern und teils über 30 Prozent Seher-Marktanteil entwickelt sich das Regional-TV immerhin zum mittelständischen Vorzeigeprojekt und nähert sich inzwischen den schwarzen Zahlen. Wer würde das jetzt freiwillig mit noch mehr „Partnern“ teilen wollen?

Vielleicht aber läßt sich trotz Straubes blamabler Vorstellung sein Konzept („total lokal“) tatsächlich wie gewünscht auch auf andere Städte übertragen. „Ich finde es vernünftig, wenn sich die CME an FFF beteiligt“, meinte BLM-Präsident Ring. Und zur Großwetterlage: „Beim Ballungsraumfernsehen werden wir künftig auf jeden Fall eine Kombination aus lokalen Kräften und finanzstarken Programmlieferanten haben.“

Das Beste hatten sich die Bayern dann für den Sitzungsschluß aufgehoben: Eine seit Monaten umkämpfte Kooperationsvereinbarung zwischen den Lokal-TV- Dilettanten „Münchener Zeitungsverlag“ (Münchner Merkur) und „tv münchen“ (Franz-Georg Strauß) wurde in zwei Minuten abgesegnet. „Ein großer Sieg für München“, jubelte Medienratsvorsitzender Klaus Kopka (CSU). Und endlich Ruhe in Leo Kirchs Hinterhof. Michael Stadik

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