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Von Prominenten, Schamanen und dem Frieden

■ Friedensuniversität im Zwielicht / Initiator Uwe Morawetz will trotz massiver Vorwürfe weitermachen / Hochstapelei oder New-Age-Realitätsverlust

Potsdam (taz) - New-Age-Apostel, größenwahnsinniger Spinner, Idealist oder Geschäftemacher, was und wieviel davon ist Uwe Morawetz, der Vorsitzende der „Fördergemeinschaft zur Gründung einer Friedensuniversität e.V.“? Obwohl der Mann ins Gerede gekommen ist, hält er unbeirrt fest an seiner Idee, im September dieses Jahres in Potsdam eine Sommeruniversität zu eröffnen. „Wir wollen eine Verbindung zwischen dem Frieden in uns und dem Frieden in der Welt“, verkündet er nach wie vor. Und nach wie vor wirbt der 29jährige damit, daß zwei Dutzend Nobelpreisträger inclusive Henry Kissinger und Erzbischof Desmond Tutu kommen werden, und auch Bud Spencer, der fotogene Haudegen. Der Dalai Lama wird die Schirmherrschaft übernehmen, verspricht Morawetz ungerührt, und illuster sei auch die Gästeliste; nämlich Rita Süssmuth und Ignatz Bubis sowie Vertreter von internationalen Organisationen.

Das all diese berühmten Gäste von Morawetz überhaupt nicht gefragt worden sind, stört die Fördergemeinschaft nicht. Auch nicht die Dementis von Ignatz Bubis, dem sächsischen Innenminister Heinz Eggert, dem Regisseur Richard Attenborough, von amnesty international und dem Zentralrat Deutscher Sinti und Roma . Von „schlichtem Schwindel" spricht auch der TV-Journalist Günther Jauch, der von Morawetz schlankweg zum Moderator der Veranstaltung promoviert wurde.

Vom Projekt distanziert haben sich inzwischen die ehemaligen Vorstandsmitglieder des Fördervereins, Ellis Huber, Chef der Berliner Ärztekammer und Manina Lassen-Grzech. „Morawetz verlor die Bodenhaftung, konnte zwischen Schein und Realität nicht mehr unterscheiden. Zudem mißfiel mir sein unseriöser Umgang mit Prominentennamen“, sagt Huber. „Das Projekt ist reine Schaumschlägerei.“ Und Manina Lassen-Grzech wirft Uwe Morawetz zudem vor, über 30.000 Mark Schulden für ein Luftprojekt gemacht zu haben. Aktiv ist der Förderverein immerhin, beim Austeilen von Verbalinjurien. Weil der Sektenbeauftragte der Evangelischen Kirche in Berlin, Thomas Gandow, behauptete, daß „ein Teil der Gäste nicht wissen, daß sie mitmachen, und der andere Teil der Teilnehmer nicht wissen, auf wen sie sich da einlassen“, sprach die Fördergemeinschaft von „Rufmord“.

Uwe Morawetz, Initiator der Sommer-Uni, ist bekannt dafür, daß er aus seiner Nähe zu esoterischen Gruppen Kapital schlägt. Unter dem Vereinsnamen „Netzwerk der Kulturen“ organisierte er einträchtige Kurse mit Wunderheilern. Nebenbei amtierte er bis vor eineinhalb Jahren als Geschäftsführer der „Astrodata GmbH“, die „astrologische Textanalysen“ vertreibt. Bereits 1991 hatte er das New-Age-Festival „Kraft der Visionen“ veranstaltet, an dem neben selbsternannten Hexen, Schamanen und anderen Esoterikern auch der Superstar der New-Age-Szene, Chris Griscom, teilgenommen hatte. Diese vertritt allen Ernstes die These, daß eine radioaktive Verseuchung der Menschheit ein "wünschenswertes Agens" für die "Entfaltung kosmischen Bewußtseins" sei, weil es die Fähigkeit erhöhe UFOs wahrzunehmen. Die Fördergemeinschaft zur Gründung einer Friedensuniversität ist aus diesem Festival hervorgegangen.

Bisher nicht dementiert haben ihre Teilnahme, die in der Broschüre aufgeführten Gäste, Gregor Gysi und die Vertreter der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNNW). Vermutlich wissen sie noch nichts über ihr Glück, gemeinsam mit Befürwortern des atomaren Holocaust auftreten zu dürfen. Denn auf der Teilnehmerliste befindet sich nämlich auch das berüchtigte New- Age-Zentrum Findhorn. Einer der geistigen Väter dieser Vereinigung, Georg Trevelyan, von Berufs wegen „spiritueller Berater", preist ebenfalls die Erlösung der Menschheit durch einen atomaren Holocaust: „Nach einem Atomkrieg könnte die Erde in neuer Schönheit entstehen."

Das Zitat sei aus dem Zusammenhang gerissen, meint Uwe Morawetz, alles böswillige Verleumdung, man wolle doch nichts anderes als eine neue Definition des Friedens, der über die Formel „Frieden ist die Abwesenheit von Krieg“ hinausgehe. Ähnlich vage sind auch die Vorstellungen von Gabriele Krone-Schmalz, nach wie vor seine Stellvertreterin. Die ehemalige ARD-Moskau-Korrespondentin will den Frieden durch „zivilisierte Gespräche total Andersdenkender“ fördern.

Ob diese aber im Sommer zustandekommen ist fraglich. Die Berliner Senatsverwaltung für Wissenschaft spricht der Sommeruniversität jede seriöse Wissenschaftlichkeit ab. Mit Zuschüssen sei nicht zu rechnen. Bleibt die Hoffnung auf potentielle Teilnehmer. Wer vier Wochen trotz ungeklärter Referenten dabei sein will, muß löhnen. Die Friedensliebe kostet zwischen 1.150 und 1.475 Mark. Peter Lerch

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