: Starker Wille zur Schönheit
■ „Le fils préféré“ von Nicole Garcia (Panorama)
Drei fabelhaft gut aussehende Männer in einem Film, was will man mehr. Danke, Madame Garcia, mögen die Engel Sie immer beschützen.
Ihre Geschichte ist ein wenig wirr, aber das macht gar nichts. Jean-Paul (Gérard Lanvin) ist in Schwierigkeiten. Er ist an einem großen Hotelbau an der Riviera beteiligt und bis über die Ohren verschuldet. Er braucht dringend Geld, aber wo es holen? Sein Vater Raphaäl (Roberto Herlitzka), ein Immigrant aus Italien, ist ein armer Mann. Früher war er mal Boxmanager, jetzt ist er alt und liegt mit einer Herzattacke im Krankenhaus. Dann hat Jean-Paul noch zwei Brüder, aber die Familienbeziehungen sind milde ausgedrückt etwas gespannt. Francis (Bernard Giraudeau) ist Lehrer und mit seinem Vater seit über zehn Jahren zerstritten, weil er schwul ist. Er hat auch kein Geld. Philippe (Jean- Marc Barr) ist reich, aber mit Jean- Paul über Kreuz, weil der ihm einmal die Verlobte ausgespannt hat. Außerdem schämt er sich der Armut seines Vaters.
Während Jean-Paul also versucht, in der Familie Geld aufzutreiben, kommt er dahinter, daß er gar nicht der Sohn seines Vaters ist. Er, der Favorit, ist von Raphaäl adoptiert worden, weil der sich verantwortlich fühlte für den Tod von Jean-Pauls leiblichem Vater, einem Boxer. Auf seiner Suche nach Geld, der Wahrheit über seine Herkunft und dem Vater, der plötzlich verschwunden ist, bringt Jean-Paul die Familie langsam wieder zusammen. Und das ist die eigentliche Geschichte.
Vorsichtig umkreist Regisseurin Garcia die Brüder und beleuchtet sanft die neugeknüpften Fäden. Es ist eine sehr zärtliche Bestandsaufnahme – wer möchte auch grob zu diesen drei Zierden ihres Geschlechts sein – und diese Zärtlichkeit drückt sich auch im Umgang der Brüder miteinander aus. Gewiß, es gibt einmal eine kleine Schlägerei, aber alles in allem gehen sie doch sehr zivilisiert miteinander um. Keine obszönen Beschimpfungen, niemand macht zischend eine Bierdose auf und rülpst nach dem ersten Schluck. Verletzte Gefühle drücken sich vielmehr aus in Blicken und Gesten. Man kann Garcia diesen Willen zum Zivilisatorischen zum Vorwurf machen, aber es gibt so viele Filme, in denen Männer eine Frau glorifiziert haben, warum nicht einmal umgekehrt?
Gut, die Riviera ist häufig in goldenes Licht getaucht und das schäbige Viertel, in dem die Brüder aufgewachsen sind, flimmert recht malerisch über die Leinwand. Auch sind die Brüder exquisit angezogen, der Reiche und seine Frau wurden von Cerruti eingekleidet. Eine Erklärung hierfür bietet vielleicht die Tatsache, daß Madame Garcia in Oran, Algerien, geboren wurde – dem Ort, an dem auch der göttliche Yves Saint-Laurent zur Welt kam, vielleicht verleiht Oran seinen Kindern einen zauberhaft starken Willen zur Schönheit äußert. Und wenn das so ist, wer wollte Garcia daraus einen Vorwurf machen? Ich bestimmt nicht. Anja Seeliger
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