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Der Platz mußte erst freigekämpft werden

■ Aktionstag im Rathaus als Auftakt zum Charlottenburger Frauenfrühling

Großes Gewusel im Rathaus Charlottenburg. Auch der diesjährige „Charlottenburger Frauenfrühling“ – ein dreiwöchiges politkulturelles Programm rund um den Internationalen Frauentag – ist wieder durch einen „Aktionstag“ zur Frauenförderung eingeläutet worden. Männlein und Weiblein wimmeln um die Stände von insgesamt 46 Initiativen oder besuchen einen der 13 Workshops. „Bis zum letzten Stuhl ist alles ausgebucht“, strahlt die Charlottenburger Frauenbeauftragte Brigitte Kippe. Dabei hatte Brigitte Kippe, die mit ihrer unideologischen Offenheit so gar nicht in das Klischee einer CDU-Parteifrau passen will, am Morgen noch „den Schock ihres Lebens“ erlitten. Als sie das ehrwürdige Rathaus betrat, fand sie eine ganz andere Ausstellung vor – zur Klimakonferenz. Ein Geschäftsmann hatte sich auf zwei Etagen breitgemacht, obwohl er eigentlich anderswo und zu einer anderen Zeit Räume angemietet hatte. Nach einem deftigen Krach mit der Frauenbeauftragten zog er sich zurück, und in Windeseile wurden die Stände aufgebaut.

Als am Vormittag die ersten BesucherInnen eintrudeln, lauern die ProjektmitarbeiterInnen schon. „Wollen Sie geschminkt werden? Einmal im Leben das wahre Selbst zum Ausdruck bringen?“ Die Frau von der Abteilung Jugend und Sport des Bezirksamtes hat eigentlich einen Kinderschminktisch aufgebaut, aber mangels Kids sprintet sie lachend hinter der erschrockenen Journalistin her. Auf ihrer Flucht gerät diese in die Arme der Barmer Ersatzkasse. Zwei freundliche Berater männlichen Geschlechts nötigen sie zum Ausfüllen eines Gesundheits-Fragebogens, und im Handumdrehen spuckt ihr Computer das passende Gymnastikprogramm aus: „Laufen auf der Stelle, jeden dritten Schritt anfersen.“ ErBarmen!

Erschöpft sich der feministische Ansatzpunkt bei der Barmer Ersatzkasse im Bauch-und-Busen- Training, so kann frau bei anderen Ständen bewundern, wohin überall schon die Frauenbewegung vorgedrungen ist. Zum Beispiel in die Bewag, in der 1989 der „betriebsrätliche Arbeitskreis für Frauenfragen“ gegründet wurde. Oder in die Apothekerkammer, den Deutschen Beamtenbund oder das DGB-Berufsfortbildungswerk mit seinen Projekten „Öko-Textilien“ und „Frauen und Solartechnik“. Gleich drei Pokale blinken auf dem Tisch der „Sonnenfrauen“, deren solarbetriebene Boote in Wettrennen den anderen davonfuhren.

Zwischen lila Luftballons und blühenden Blümchen sind selbstredend auch die traditionsreichen Projekte der autonomen Frauenbewegung vertreten. So das „Frauenforschungs-, -bildungs- und -informationszentrum“ (FFBIZ), das „Geburtshaus“ oder „terre des femmes“, das sich in aller Herren Länder um die Verletzung von Frauenrechten kümmert.

Dazwischen der Stand der Frauenbeauftragten. „Wo fühlen Sie sich sicher in Charlottenburg?“ will eine ihrer Mitarbeiterinnen wissen. „Und wo nicht?“ Mit roten und schwarzen Pünktchen darf Frau diese Orte auf einer großen Landkarte markieren. Das Ergebnis wird in der Ausstellung „Mobilität in Charlottenburg“ zu sehen sein, die im Rahmen des „Frauenfrühlings“ am 15. März eröffnet wird. Ute Scheub

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