: Auf dem Weg zur kinderfreundlichen Gesellschaft
■ Regierungskoalition einigt sich auf Verbesserungen bei Familienleistungen / Kindergeld soll mindestens 200 Mark betragen, der Kinderfreibetrag 6.264 Mark
Berlin/Bonn (taz/AFP/rtr) – Tagelang geisterten widersprüchliche Zahlen durch die Medien, wenn es um die künftige Förderung von Familien ging. Gestern nun einigten sich die Spitzen der Bonner Koalition endlich auf eine deutliche Entlastung aller, die mit Kindern zusammenleben. Nach dem Vorschlag, über den die CDU/CSU- Fraktion gestern abend noch entscheiden wollte, sollen sowohl Kindergeld als auch der steuerliche Kinderfreibetrag ab 1996 deutlich erhöht werden. Damit würde das bisher herrschende Ungleichgewicht der Entlastung, daß zwischen SpitzenverdienerInnen und Geringverdienenden besteht, verringert werden. Eine gleichzeitige Inanspruchnahme von Kindergeld und Steuerfreibeträgen soll ab dem 1. 1. 1996 nicht mehr möglich sein. Künftig heißt es: entweder – oder.
Wie gestern aus Koalitionskreisen verlautete, soll das Kindergeld für das erste und zweite Kind auf monatlich je 200 Mark (bisher 70 und 130 Mark) steigen. Das Kindergeld für jedes weitere Kind soll 300 Mark (bisher 220 und ab dem vierten Kind 240 Mark) betragen. Der Steuerfreibetrag, den Eltern alternativ dazu pro Kind geltend machen können, soll auf 6.264 Mark jährlich erhöht werden (bisher 4.104 Mark). Der Kinderzuschlag, den Eltern bisher gesondert beantragen konnten, wenn sie kein oder ein nur sehr geringes Einkommen hatten, entfällt voraussichtlich. Insgesamt sollen von Bund und Ländern sechs Milliarden Mark zusätzlich zur Verfügung gestellt werden, um diese Familienentlastung zu finanzieren.
Gleichzeitig einigten sich die Koalitionsspitzen darauf, daß die Familienentlastung weitgehend über die Finanzämter abgewickelt werden soll. Bisher wurde das Kindergeld von den Arbeitsämtern ausgezahlt. Künftig sollen die Kinderleistungen – zumindest für alle Steuerpflichtigen – von der Steuerschuld abgezogen werden. Die geplanten Änderungen sind teilweise im Bundesrat zustimmungspflichtig.
Die Nationale Armutskonferenz kritisierte gestern die Pläne der Koalition. Mit Blick auf die realen monatlichen Kosten für ein Kind in Höhe von rund 840 Mark, so die NAK-Sprecherin Erika Biehn, müsse das Kindergeld „auf mindestens 500 Mark angehoben werden.“ Gleichzeitig räumte Biehn allerdings ein, daß dies zur Zeit eine „utopische Forderung“ sei. flo
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