: Riechen Mädchen mehr?
■ Sie duften jedenfalls besser – auch ohne Parfum / Beim „Jugend forscht“-Wettbewerb in Bremen hatten diesmal viele junge Frauen die Nase vorn
„Jungs muffeln so vor sich hin und merken das nicht“, erläutert Anita Hangstörfer die Ausgangsbasis der Untersuchung. „Da muß etwas anders sein“, dachten sie und ihre Mitforscherin Marietta Prohaska. „Riechen Jungs besser als Mädchen?“ nannten sie ihre Studie – „das ist so schön doppeldeutig“. Da eine niederländische Lehrerin bereits anhand einer achten Klasse belegt hat, daß Mädchen eindeutig besser duften, testeten Anita und Marietta ihre MitschülerInnen auf deren Riechfähigkeit. An unterschiedlichen Konzentrationen von Menthol und Campher schieden sich die Nasen. Das Ergebnis: es ist alles eine Altersfrage. Jungs riechen besser von 11 bis 14, Mädchen neigen zwischen 10 und 12 mehr dem Menthol, später dem Campher zu.
Gestern saßen Anita und Marietta vor ihrem kleinen Messestand in einer Halle der Daimler-Benz Aerospace und ließen fleißig weiter an ihren Reagenzgläsern schnüffeln. Der diesjährige Landeswettbewerb „Schülerinnen und Schüler experimentieren“ und „Jugend forscht“ schritt auf die Preisverleihung zu, und Eltern, wißbegierige LehrerInnen und Herren in Nadelstreifen nahmen die Halbjahresprojekte der Youngsters unter die Lupe. Mit langen Rohrstäben erläuterten diese komplizierte Graphiken und Diagramme. Unzählige Computer, Schaltzentralen waren aufgetischt – und Sahnebonbons und Bier. Robert Lehmann (14 Jahre) hat einen Bierbrauversuch gestartet, die Reinheitsfrage ist noch ungeklärt.
Robert Lehmann und seine Studie gehörten zum Fachgebiet „Arbeitswelt“. Wer allerdings was erforschte, stand zunächst allen völlig frei. Systematisiert wurde nur anschließend von der Jury. Sie sortierte die Arbeiten außerdem nach Bio, Mathe und Informatik, Physik, Technik und Geo und Raum, und bewertete sie einmal für die Altersgruppe bis 16 Jahre (SchülerInnen) und dann bis 21 (Jugend). Auch Bremen hat übrigens „die Nase vorn“, was die Wettbewerbsbeteiligung betrifft: Dieses Jahr waren 168 TeilnehmerInnen mit 101 Arbeiten dabei.
„Und davon waren in den letzten Jahren stets die Hälfte Mädchen“, weiß die Biolehrerin Dagmar Pohlmann. Sie findet, daß die jungen Frauen oft ausdauernder bei der Sache bleiben, „und die witzigeren Ideen haben“. Das schien auch der Jury gefallen zu haben. „Riechen“ erhielt zusammen mit „Backen mit Hefe“ den ersten Preis für Bio im SchülerInnenwettbewerb. Auch „Färben mit natürlichen Materialien“ von Mona Jorns und Paula Schneider wurde prämiert, mit einem zweiten und einem Umweltpreis. Das Thema dürfte zwar allen Hobbythekfans bestens bekannt sein, war aber dennoch eines der publikumswirksamsten in der Halle – unter anderem, weil es am Stand der beiden 15-jährigen intensivst nach Curry stank. Auch in Salbei, Ton, schwarzer Johannisbeere oder Asche haben die beiden ihre Stoffe getränkt, „alles aus dem Garten, und beim Waschen verändert sich das.“
„Innovation“ war dann auch das Schlagwort der Jury mit Ingenieuren und WissenschaftlerInnen. Sie hatten erfreulicherweise ihre Blicke verstärkt aufs Unkonventionelle, Alltägliche, Erquickende geworfen. „Dicke Luft im Klassenzimmer?“ und „Was ziehe ich wann an? – Ein kleiner Einblick in die Bekleidungsphysiologie“ erhielten dritte Preise (Arbeitswelt). Thorsten Katzor und Rafael Przygodzki waren mit der „Herstellung einer Computerzeichnung vom Schulhof“ erfolgreich. Ihr Hintergrund: Es gab nur einen schrecklich alten Plan vom Schulhof des SZ Carl-Goerdeler-Straße. Ihre Intention: Mit Hilfe der neuen, exakten Zeichnung kann der Hof sinnvoll mit Basketballkörben und einem Fußballfeld bestückt werden.
Für die WissenschaftlerInnen ab 16 hört der Wettbewerb in Bremen nun nicht auf – die Erstplazierten nehmen an der Bundesausscheidung im Mai teil. Mit dabeisein wird dann eine junge Frau (deren Name in der Aufregung leider verloren ging) mit ihren Alternativvorschlägen zu Tierversuchen; vorausgesetzt, sie ist schon wieder von dem ebenfalls gewonnenen Forschungspraktikum zurück, dessen Arbeitstitel „Dachse auf Rügen“ lautet.
Aber auch für viele der experimentierenden SchülerInnen geht das Forschen weiter. Sie werden als Nachwuchs gebraucht – Anita und Marietta haben sich eine differenzierte Riech-Auswertung vorgenommen. Silvia Plahl
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