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Katholisch, fleißig und weit weg vom Meer

■ Die Papenburger Meyer-Werft, der größte Arbeitgeber der strukturschwachen Region, hat volle Auftragsbücher und die Unterstützung des gesamten Emslandes

„Kein Kommentar“, heißt es aus der Meyer-Werft zu den Informationen der taz, man warte erst den Abschlußbericht der Untersuchungskommission ab. Das schlechte Gewissen hat die Papenburger dennoch gepackt: Die Werft hat letzte Woche angeboten, für Opfer der Katastrophe zu zahlen – natürlich ohne dies als Anerkennung von Schuld oder Verantwortung zu werten.

Die Meyer-Werft hat einen guten Ruf zu verlieren: Das Familienunternehmen aus dem emsländischen Papenburg gilt auf dem hart umkämpften internationalen Schiffbaumarkt als Vertreterin deutscher Tugenden: Schnell, fleißig, zuverlässig. Meyer liefert hochmoderne Schiffe und vollbringt bei der Auslieferung der riesigen Schiffe durch die schmale Ems regelmäßig kleine technische Wunder. Die Werft ist nicht nur Spezialist beim Bau von Kreuzfahrtschiffen für alle sieben Meere, sondern auch eine der wenigen deutschen Werften mit vollen Auftragsbüchern. Angekratzt wurde das saubere Image von Meyer bisher nur durch die Proteste von UmweltschützerInnen gegen die ökologisch verheerenden Folgen der regelmäßigen Emsvertiefung. Denn Papenburg liegt vierzig Flußkilometer weit im flachen Land – die Schiffe haben einen weiten Weg bis ins offene Meer.

Die regionale Bedeutung der Werft ist immens: Als größter Arbeitgeber in der ansonsten extrem strukturschwachen Region Emsland/Ostfriesland bietet Meyer 1.800 Menschen direkte Arbeitsplätze, weitere 3.000 Jobs hängen in der Zulieferindustrie vom Wohlergehen der Werft ab. Der Jahresumsatz liegt bei über 500 Millionen Mark jährlich, bis zum Jahr 1997 sind die Kapazitäten ausgelastet. Firmenchef Bernard Meyer ist stolz darauf, daß sein Unternehmen die „einzige deutsche Werft ist, die im letzten Jahr 250 Arbeitsplätze geschaffen hat“.

Bei Konflikten wie bei dem um die Vertiefung der Ems steht die Region geschlossen hinter „ihrer“ Werft. Im katholischen Papenburg stellt die CDU den Bürgermeister und als Bundestagsabgeordneten Ex-Innenminister Rudolf Seiters.

Angefangen haben die Meyers mit dem Bau von Torfkähnen für den Transport im Moor, sich aber seit den fünfziger Jahren auf Spezialschiffe verlegt: Tanker, Fähren, Viehtransporter und seit zehn Jahren besonders Kreuzfahrtschiffe werden in Papenburg gebaut. Hier entstand auch die „Estonia“.

Die Meyer-Werft ist ein Familienunternehmen, wie es im Buche steht. Nach der erfolgreichen Ablieferung des Luxuskreuzers „Oriana“ vor drei Wochen lud der Chef seine gesamte Belegschaft zu einer eintägigen Kreuzfahrt auf dem Traumschiff ein. Im Januar feierte Meyer das 200jährige Jubiläum seines Unternehmens, das er in sechster Generation leitet.

Die Politik des Unternehmens ist ebenso dreist wie erfolgreich: Bei der Annahme neuer Aufträge richtet sich Meyer nicht nach der Tiefe der Ems, sondern nach der Nachfrage auf dem internationalen Markt. Trotz der Zusage, die jetzige Vertiefung der Ems auf 8,30 Meter sei endgültig, hat Bernard Meyer nach der geglückten Überführung des Luxusliners „Oriana“ vor drei Wochen angekündigt, er werde notfalls auch größere Schiffe die Ems herunterschleusen. Die meisten Menschen in der Region haben nichts dagegen. Bernhard Pötter

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