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Trainieren, feiern, essen

■ Badeanstalten werden Erlebnisparks: „Bremer Bäder“ jetzt mit Identity

Wenn Frau Jarre die Lippen schürzt und „frech“ sagt, muß man nicht unruhig werden: Frau Jarre ist eine feine Dame. Sie meint dann Sätze wie „Hey Mädels, ich kommmeeeee!“ (künftige Reklame für Sprungtürme). Oder sie sagt frech: „Wir alle sind die Bade-Meister!“ Frau Jarre gehört der fünfköpfigen Marketingabteilung der „Gesellschaft für öffentliche Bäder mbH“ an, die gestern im Hallenbad Süd der Presse die neue „Bremer Bäderlandschaft“ vorstellte. Herr van Nispen war auch da.

Herr van Nispen ist nämlich Sportsenator und als solcher Aufsichtsratsvorsitzender aller Bremer Schwimmbäder, die Betriebe in Staatshand sind. Deswegen durfte er dabei sein, als das neue freche Logo der Bremer Bäder aus der Taufe gehoben wurde: ein marineblauer Kreis, darinnen die Worte „Bremer Bäder“. Zwei gelbe Pünktchen sind vom ersten „B“ auf das „a“ gehüpft, das nach unten gekippt ist, woraufhin die Pünktchen über das „e“ gehüpft sind. Das neue Logo steht für: corporate identity, Attraktivierung, Freiluft-Gymnastik mit Sichtschutz, ein neuer Wind weht, billiger und besser, Zielgruppe Junge, Aquapower, Kultur und Baden, Seniorenbaden mit klassischer Musik, weg vom Öffentlichen-Dienst-Image, hin zum Kundendienstimage, knackig, selbstbewußt und frisch. Genau.

Das Grundübel einer Freibades zum Beispiel ist (hierzulande), daß es von August bis März zu ist. Muß nicht so bleiben. Im Schloßparkbad wurde ein Großspielplatz gebaut, eine Halle für Federball, Gymnastik und Großgastronomie sind geplant. Solcherart sind die Visionen des Herrn Heise. Herr Heise ist Geschäftsführer der Bädergesellschaft und arbeitet an der Saisonverlängerung allerorten. In Horn soll man essen und den Body stylen. Im Schwimm- und Fitnesstreff West (Ex-„Hallenbad West“) wird gesaunt und kunstgesonnt, im Hallenbad-Süd steigt am 17.März eine 70er Jahre Party auf dem hochgefahrenen Hubboden. Eigentlich sollen in jeder Badeanstalt immerfort die Leute trainieren, feiern, essen. Dann hört der Besucherrückgang auf, und das Schmuddelkind des Finanzsenators mausert sich zur Goldgrube.

BADEANSTALT? Damit ist es ein- für allemal vorbei! Genauso wie mit dem Ekelpaket „Bademeister“. Ein tollkühner Paradigmenwechsel, für den man allemal fünf Marketingleute braucht. Die neuen Erlebnisbegleiter werden „Bade-Meister“ heißen. So wird es auf marineblauen T-Shirts stehen. In ihnen werden fesche, hochmotivierte Menschen stecken und AOK-nahe Gesundheitstips geben.

Ach Heises Visionen! Herr van Nispen zuckte bei jedem neuen Millionenprojekt zusammen (Schloßparkbad, Huchting, Horn etc), das auf lange Sicht schwarze Zahlen verspricht. Heise will alles noch auf der Aufsichtsratssitzung im April festklopfen. „Wir wollen die Zeit nutzen.“ Vor den Wahlen die, versteht sich. BuS

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