■ Rosi Rolands Bremer Geschichten
: Nur einer ist nicht überfordert

Wer ist seinem Amte gewachsen in der Bremer Landesregierung und wer nicht, das ist seit dieser Woche die Frage. Gleich zweimal benutzte der Bürgermeister das Wörtchen „überfordert“ in einer Pressemitteilung, in der er die Senatorin für Kultur und Ausländerintegration barsch scholt: „Wer in einem demokratischen Rechtsstaat nicht in der Lage“ sei, „geltende Gesetze anzuwenden und umzusetzen“, der sei „mit der Wahrnehmung eines öffentlichen Amtes überfordert.“ Und: „Frau Dr. Trüpel wäre sicherlich auch damit überfordert“, wenn sie versuchen wollte, „bessere Kenntnisse über die Situation in den Heimatländern der Asylbewerber“ zu haben als „das dafür zuständige Auswärtige Amt“.

Zuständig für einen Abschiebestopp nach § 54 Ausländergesetz ist der Bundesinnenminister. Der Senat hatte am Dienstag „zur Kenntnis genommen“, daß der Bremer Innensenator den Abschiebestopp für Kurden zum 20. März aufhebt - ganz im Sinne Kanthers.

Die Senatorin für Ausländerintegration, die ihre Kritik mit deftigen Worten öffentlich dargestellt hatte, fing sich eine Rüge des Bürgermeisters ein - siehe oben.

Drei Tage später: 10 Tage länger, bis zum 30.3. gelte der Abschiebestopp, erklärte die Sprecherin des Innenressorts. Hamburg hatte den 30.4. beschlossen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein bis zum 12.6. verlängert.

Bremen sozialdemokratisches Schlußlicht im Wahlkampf? Der Bürgermeister reagierte schnell. „Ernstzunehmende Garantien der Türkei“ verlangt Bremens Regierungschef fernab in Düsseldorf in der Westdeutschen Zeitung , „daß abgeschobene Kurden dort keinerlei Willkür zu befürchten haben“. Hat er dort mit dem Innenminister Schnoor gesprochen und ist davon überzeugt worden, daß SPD-Länder sehr wohl ein wenig Nebenaußenpolitik machen können mit ihrem Bild von der Lage der Menschenrechte in der Türkei?

Das Verhalten von Bundesinnenminister Kanther sei „ungeheuerlich“, sagt Wedemeier, weil der ohne gründliche Bewertung der Expertenaussagen unmittelbar nach einer Anhörung des Innenausschusses den Abschiebestopp aufgehoben habe.

„So schnelle und pfiffige Reaktionen auf geänderte politische Stimmungen zeigen“, freut sich Senatorin Trüpel, „daß ein Amtsinhaber den Anforderungen seines Amtes gewachsen ist.“ Rosi Roland