Rotenburg keine Bananenrepublik

■ Die 20.000-Seelen-Gemeinde an der Wümme erhält Flughafen

Es ist vollbracht, der Fortschritt zieht in die Heide. Mit nur fünf Gegenstimmen (drei Grüne und zwei CDU) beschloß der Rat zu Rotenburg, aus dem Flughafen der Lent-Kaserne einen zivilen Flughafen für Geschäftsleute, Hobbyflieger und TouristInnen zu machen.

Das war zu erwarten (taz 29.3.), denn die gesamte Politikerszene hatte gemeinsam mit fünf wackeren Geschäftsleuten, die sich als Betreiber des Flughafens bewerben wollen, seit Monaten den Tiefflug an Rotenburger Stammtischen geübt. Das Volk war dabei mit bestechenden Argumenten überzeugt worden: Daß deutsche Rasenmäher mehr Sprit verbrauchen als die gesamte deutsche Fliegerei, hieß es. Daß Flugplätze eigentlich Biotope sind, und das Fliegen eine wunderbare Ablenkung für die Kinder und Jugendlichen, die von der Straße wegmüssen. Trotz solcherart gedanklicher Blindflüge hatte sich Protest formiert, und dem kamen die Ratsleute immerhin in einem Punkt entgegen:

Die Stadt, und nicht die Betreiber-Gesellschaft, wird das 88 Hektar große Gelände kaufen und behält somit die Verfügungsgewalt über das 88 Hektar große Gelände: „Der Rat fordert die Stadtwerke GmbH auf, den Heeresflugplatz von der Bundesrepublik Deutschland zu erwerben und zukünftige Betreiber durch einen zivilrechtlichen Vertrag zu einer verträglichen Nutzung zu verpflichten.“ Flugpausen an Wochenenden und zur Mittagszeit sollen verhindern, daß bei den AnwohnerInnen der direkt neben dem Flugplatz gelegenen Luhne-Siedlung permanent die Scheiben klirren. Die Luhnerinnen atmen auf, wohlwissend, daß sie trotzdem zukünftig um jede ruhige Minute werden kämpfen müssen.

Für den Kauf hat die Stadt bereits knapp eine Million Mark aus dem Konversionsprogramm der EU im Haushalt eingeplant. Eine Summe, die auch von den Geschäftsleuten geboten worden war und die um 6 Millionen unter dem geschätzten Wert liegt. Das Bundesvermögensamt Soltau signalisierte jedoch Bereitschaft gegenüber einem Verkauf an die Stadtwerke. Weil trotz des geringen Kaufpreises der Flugplatz laut Gutachten erst ab 20.000 Flugbewegungen jährlich rentabel wird, hatten die LuhnerInnen befürchtet, daß viele Maschinen und größere als nur zweimotorige Cessnas in Rotenburg landen würden. Stadtdirektor Wolgfgang Linne: „Wenn sich herausstellt, daß der Flugplatz unwirtschaftlich ist und es unzumutbare Belastungen gibt, muß der Flugbetrieb eingestellt werden.“

dah