Stein der Weisen?

■ betr.: „Die teure Wackelpudding- Nummer“, Kommentar von Dirk Wildt, taz vom 10. 4. 95

Die LDK vom Wochenende kennt hinsichtlich der Diskussion zum Umgang mit der PDS (Tolerierung: ja/nein/vielleicht) nicht nur Nachdenkliche (zu denen ich gehöre), sondern auch die Kenner der Thematik, die ihre klaren Weisheiten der Versammlung mitteilen. Der Kommentator scheint zu letzteren zu gehören und verurteilt deshalb das Ergebnis als wenig sachverständig. [...]

Warum sollen sich die Bündnisgrünen mit einem klaren Beschluß partout an die SPD anlehnen, daß nach dem Votum im Oktober eine Tolerierung einer Minderheitsregierung durch die PDS unter keinen Umständen erfolgen wird? (Wir alle kennen den Wert von klaren Beschlüssen, wenn neue Konstellationen Änderungen nach sich ziehen.)

[...] Im Gegensatz zum Autor halte ich den Beschluß der LDK vom Wochenende, der unter den genannten Umständen sehr schwer zu treffen war, auch für selbstbewußt. Er ist nämlich ehrlich, zeugt von unseren Nöten beim Umgang mit der Nachfolgepartei der SED, versucht aber unseren Freundinnen und Freunden zu vermitteln, daß wir im Falle des Falles (Möglichkeit der Bildung einer Minderheitsregierung) auch den „dance with the devil“ noch nicht ausschließen wollen.

Darüber hinaus ist doch unumstritten, daß wir für Mehrheiten jenseits dieser Option antreten, auch wenn die Sozis „zum Jagen getragen werden müssen“. Deshalb denke ich bei Positionen der Parteilinken auch eher an Lernfähigkeit (es gibt keine absolute Wahrheit), als an Machtgeilheit um jeden Preis.

Eines aber sollte doch Konsens sein: Wer katastrophale Entwicklungen in der Stadt verhindern oder zurückdrehen will, hat auch einen Anspruch darauf, alle Wege zu den Hebeln im „Schlaraffenland“ auszuprobieren, selbst dann, wenn sie durch einen wackeligen Pudding „durchgefressen“ werden müssen. [...] Thomas Kreutzer, Bündnis 90/ Die Grünen Weißensee, Kandidat für die Landesliste zu den Abgeordnetenhauswahlen 1995