: Kurden abgeschoben
■ Zweiter Fall in diesem Monat in NRW / Mann wurde festgenommen
Düsseldorf (taz) – Die nordrhein-westfälischen Ausländerbehörden haben seit der von Innenminister Herbert Schnoor am 7. April verordneten „Einzelfallprüfung“ zwei Kurden in die Türkei abgeschoben. Ganz fix hatte das Dorstener Ausländeramt Irfan Yalgin am 7. April ins Abschiebeflugzeug verfrachtet. In der Türkei war Yalgin, dem die Behörde die behauptete kurdische Herkunft nicht glaubte, nach seiner Ankunft sofort inhaftiert worden.
Nach Recherchen des nordrhein-westfälischen Flüchtlingsrates und des Düsseldorfer Innenministeriums soll Yalgin inzwischen aus der Haft entlassen worden sein. Informationen von Wolfgang M. Müller zufolge, dem Sprecher des NRW-Flüchtlingsrats, soll Yalgin „aus der Polizeihaft direkt in den Militärdienst überführt worden sein“.
Die zweite Abschiebung veranlaßte das Münsteraner Ausländeramt am Montag dieser Woche. Der Asylantrag des abgeschobenen Kurden war vom Bundesamt als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt worden. Eine KLage vor dem Verwaltungsgericht hatte der Anwalt kurz zuvor zurückgezogen, weil das Gericht ihm keine aufschiebende Wirkung zugebilligt hatte. Am 12. April nahmen die Behörden den Kurden in Abschiebehaft. Was mit ihm seit seiner Ankunft in der Türkei geschehen ist, weiß niemand. Nach Auskunft von Wolfgang M. Müller wurde er vor seiner Ausreise in der Türkei „mehrfach inhaftiert und gefoltert“. Auf dreizehn Seiten habe er seine Verfolgung gegenüber dem Bundesamt zur Anerkennung ausländischer Flüchtlinge dargelegt. Doch dort traute man den Angaben ebensowenig wie bei Gericht. 1993 zog der Mann seiner Frau nach Deutschland hinterher. Weil die Ehefrau Anfang dieses Jahres die Scheidung einreichte, verlor der Noch-Ehemann seinen Aufenthaltsstatus. Auf die Aufforderung zur Ausreise reagierte er mit einem Asylantrag. Wegen der zeitlichen Abfolge seinen Angaben zu mißtrauen, hält Flüchtlingssprecher Müller für abwegig: „Er verfügte bis zum Bruch der Ehe über einen gesicherten Status und sah deshalb keinen Grund, einen Asylantrag zu stellen.“
Aus Sicht des Düsseldorfer Innenministeriums hat das Ausländeramt in Münster dagegen „korrekt entschieden“. Die Dorstener Abschiebung führte unterdessen zu Konsequenzen. Ab sofort stellt das Innenministerium nach Auskunft von Ministeriumssprecher Johannes Winkel bei „allen türkischen Staatsbürgern“ eine „Plausibilitätskontrolle“ über deren ethnische Herkunft an. Ob Kurde oder Türke, diese Entscheidung fällt künftig in Düsseldorf. Walter Jakobs
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