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■ Mit Europas Autohändlern auf du und duBeschränktes Angebot

Brüssel (taz) – Warum dürfen Autohändler nur VW oder Opel oder Honda verkaufen, aber nicht alle drei Marken nebeneinander, wie das die Verbraucherverbände schon lange fordern? Bei Fernsehgeräten oder CD-Spielern käme schließlich auch niemand auf die Idee, den Händlern zu verbieten, mehr als eine Marke im Angebot zu haben. Die Antwort ist schlicht und ergreifend, daß die europäische Automobilindustrie in Brüssel die besseren Lobbyisten hat. Die haben es gerade wieder geschafft, die EU-Kommission breitzuschlagen, die Ausnahmeregel noch einmal zu verlängern.

Sie wird zwar nicht mehr ganz so strikt ausfallen wie bisher: Künftig soll jeder Händler das Recht haben, eine Zweit- oder sogar Drittmarke anzubieten. Aber in der Praxis wird das teuer werden. Die Kommission schreibt nämlich vor, daß die verschiedenen Marken nicht in ein und demselben Verkaufsraum ausgestellt werden und daß sie einem auch nicht durch dasselbe Verkaufspersonal aufgeschwatzt werden dürfen. Der Kunde könnte sonst ja auf die Idee kommen, zu vergleichen...

Gestritten wird noch, wie streng die Trennung beim Kundendienst sein muß. Die Automobilindustrie hat nämlich Bauchschmerzen, wenn sie nur daran denkt, daß ein Mechaniker, der bisher nur an den Benzinschluckern aus Sindelfingen herumgebastelt hat, künftig sein Wissen möglicherweise in einen Honda Civic hineinschraubt. Der ADAC unterstützt dies mit einem interessanten Argument: Die Mechaniker der Vertragswerkstätten wären überfordert, wenn sie sich – wie die Kollegen in den unabhängigen Werkstätten – an mehr als einer Automarke auskennen sollen.

Doch jenseits solcher Diskussionen geht es eigentlich um etwas ganz anderes: Die Autofabriken wollen sich die japanische Konkurrenz noch ein paar Jahre länger vom Leib halten. „Wir werden doch nicht freiwillig unser Vertriebsnetz den Japanern öffnen“, sagte kürzlich ein Angestellter der EU-Kommission, der aber auch nicht erklären konnte, warum dieses Argument nur für Autos und nicht auch für Fotoapparate oder Fischstäbchen gelten soll.

Noch deutlicher tönt es aus der Umgebung des deutschen EU-Kommissars Martin Bangemann, der sich besonders eifrig für die Interessen von Mercedes und Co. ins Zeug wirft. Freier Wettbewerb sei „Harakiri für die Automobilindustrie“, warnt einer seiner Mitarbeiter. Wettbewerb mache zwar die Autos billiger, doch gleichzeitig gingen viele tausend Arbeitsplätze verloren. Die preisbewußten Verbraucher sollten bedenken, daß man ohne Einkommen auch billige Autos nicht mehr kaufen könne.

Ein Hinweis, der um so erstaunlicher ist, als FDP-Mann Bangemann sonst bei jeder Gelegenheit das segensreiche Wirken des Marktes für den Erhalt der Arbeitsplätze lobpreist. Alois Berger

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