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Betr.: "Superbia"

Zu den Sieben Todsünden gehört auch „Superbia“, hier in der Darstellung von Hieronymus Bosch („Der Tisch der Weisheit“, Ausschnitt, Prado/Madrid).

„Im Gegensatz zum zornigen Tumult“, so beschreibt Wilhelm Fraenger das Gemälde, „erscheint das Nachbarbild der ,Hoffart‘ ganz geruhsam ausgependelt. Denn dieses Schmuckkästchen von Puppenstube, wo alles zierlich ausgerichtet und so fein ertüftelt ist, daß jeder Gegenstand das Pünktchen auf dem ,i‘ der wandelnden Superbia bilden könnte, ist perspektivisch auf die Mittelachse ausgerichtet. Dort steht in rücksichtslosestem ,par dos‘ und – da die Hoffart nur sich selber kennt – scheinbar ganz allein, die in ihr Spiegelbild vernarrte Frau. Jedoch trotz solcher Symmetrie verschiebt sich der Akzent nach rechts: Während Frau Eitelkeit an ihrem Kopfputz nestelt, taucht hinterm Spind ein Gegenspieler auf. Als luziferische Erbsünde hat Superbia den Teufel ,in persona‘ auf den Plan gerufen. Er hält ihr als dienstbarer Geist den Spiegel, dessen blanke Scheibe zum optischen Zielpunkt dieser Szene wird. Da er auf seinem wolfsschnäuzigen Kopf – ,daß ich dich besser Fressen kann!‘ – die gleiche neumodische Haube wie sein Opfer trägt, liegt rechts auch die moralische Pointe. Der Teufel dient nicht nur als Spiegelhalter; sondern er hat noch etwas anderes angestellt: In die Stube hat er eine schwarze Lade geschoben, an deren Stirnseite ein Gürtel neben einer Bernsteinkette hängt. Sonst ist die Truhe leer, was diesen kahlen, langgestreckten Schragen aus einem Schmuckkasten zum Sarge macht, wie ,aron‘ im Hebräischen die doppelte Bedeutung ,Sarg‘ und ,Lade‘ hat. Der Schmuckkasten: Superbias ,Bundeslade‘ und zugleich ihr Sarg! So steht sie zwischen Tod und Teufel und merkt es nicht.“ Abb.: Verlag der Kunst, Dresden

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